Dienstag, 6. März 2018

Slawische Siedlungen in der Grafschaft Henneberg (von C.A.)

Östlich der Saale werden ab 550 Slawen identifiziert
Nach dem Untergang des Thüringer Reiches um 531 lässt sich seit Mitte des 7. Jh. eine stärkere Einbeziehung Thüringens in das Fränkisch-Karolingische Reich an Hand von archäologischen Funden ablesen. Im Gegensatz zur Siedlungsentwicklung im Thüringer Becken erfolgte in Südwestthüringen – also in unserer Gegend - ein staatlich gelenkter fränkischer Landesausbau. Mit der systematischen fränkischen Landnahme entstanden hier neue Ortschaften, die mit den bestehenden Ansiedlungen in das fränkische Verwaltungssystem einbezogen wurden. Diese Eingliederung führte nicht nur zu einer strafferen politischen Ordnung, Hand in Hand damit ging auch eine zunehmende Christianisierung der Bevölkerung, die allerdings anfangs nur die adelige Oberschicht erfasste. Im 9. Jh. führte der ausgedehnte Grundbesitz der Klöster Fulda und Hersfeld, der Abteien Bamberg und Würzburg im Südthüringer Raum und in Franken zur Ausbildung geistlicher Grundherrschaften, welche die politische und ökonomische Entwicklung wesentlich mitbestimmten. Seit der Mitte des 8. Jh. wurde das noch gestärkt durch Schenkungen, die einflussreiche Grundbesitzer an die Kirche vornahmen und die dadurch immer mächtiger wurden. Neben Grund und Boden gehörten dazu auch ganze Dörfer, wie z.B. 784 Milz, 785 Jüchsen und auch andere, die meist an Würzburg verschenkt wurden.
Im 13. und 14. Jh. wird die politische Entwicklung Südthüringens wesentlich durch die Grafen von Henneberg und die Herren von Frankenstein bestimmt, die in dieser Zeit zu großem Einfluss gelangten. Mit der Herausbildung des niederen Adels und der damit verbundenen Entstehung von Kleinherrschaften, versuchten diese mit planmäßigen Rodungen und Ansiedlungen ihren Machtbereich weiter auszubauen. Gleichzeitig werden in der klassischen Zeit des Burgenbaus neben größeren Grafenburgen wie Burg Henneberg, Frankenstein, Osterburg, Straufhain usw., auch eine große Anzahl von kleineren Anlagen errichtet, wo die Herren wohnten oder sich bei Gefahr zurückziehen konnten. Zum Schutz der Bevölkerung wurden neben Wehrkirchen, die sich aber nur reiche Ortschaften leisten konnten, auch Dorfbefestigungen angelegt, die aus Gebäuden, Wall-und Graben, festen Zäunen und Hecken oder aus einer Kombination von allem bestanden..
Unterschiede gab es eigentlich nur in der Sprache
Bei den Neugründungen von Ortschaften griff man bald auch auf slawische Bevölkerungsgruppen zurück. Vor allem die Mönche von Fulda zogen slawische Hörige und Kriegsgefangene heran. Das ist nunmehr auch durch archäologische Ausgrabungen und aufgefundenen schriftlichen Nachweisen bestätigt worden. Lange Zeit wurde unter Heimatforschern und Autoren noch heftig darüber gestritten, welche Ansiedlungen slawische Wurzeln haben. Aber auch nicht immer konnte beim Öffnen von Gräberfeldern z. B. in Bad Salzungen, Brattendorf, Poppenwind, Reurieth, Wallrabs, usw., an Hand von Geweberesten in jedem Fall entschieden werden, ob es sich um deutsche oder slawische Siedler handelt, die dort beigesetzt worden waren. Die Grabungen bestätigten jedoch, dass die ethnische Zugehörigkeit bei der Anlage und Nutzung der damaligen Friedhöfe gar nicht so im Vordergrund stand, weil die Bestattungsplätze von einheimischen deutschen als auch von zugewanderten oder ins Land geholten slawischen Bevölkerungsgruppen genutzt worden sind. Historisch bezeugte Slawen sind weiterhin in zahlreichen Orten des oberen Werragebietes und der Rhön in Schenkungsurkunden des 8./9. Jh. an das Kloster Fulda genannt, z.B. in Bibra, Henfstädt, Steinbach, Kloster Rohr und anderen Orten. Schriftliche Quellen sichern weiterhin deren Anwesenheit für das Ende des 10. Jh.. in Reurieth, wo nach 1186 ein slawischer Ortsteil bezeugt ist. Und schließlich lassen sich aus den Ortsnamen mit -...winden -, slawische Siedlungen erschließen. Slawen wurden in der Hauptsache zwischen dem 9. und 11. Jh. in den fränkisch-thüringischen Grundherrschaften angesiedelt.
Die archäologische und historische Grenze verlief 
weit östlich vom Henneberger Land
Für das 7. bis 8. Jahrhundert hat auch der Autor E. Fritze den slawischen Einfluss im Werratal von Eisfeld bis Salzungen als überwiegend hingestellt, in dem er die Burgen und befestigten Kirchen in den Dörfern damit erklärt, dass das Werratal noch lange als eine Art Militärgrenze gegolten habe. Slawische Siedlungen, so Fritze, wie Heid bei Eisfeld, wird 795 urkundlich als „in Slavis“ erwähnt, Wallrabs bei Hildburghausen, 908 als Walchrameswinda bezeugt und auch Sigritz verraten sich durch ihre Namen, die auch in rein slawischen Gegenden vorkommen. Im oberen Schleusegebiet wurden in noch späterer Zeit durch die Henneberger Grafen versklavte Slawen angesiedelt: Graf Poppo II. z.B. gründete Oberwind und Poppenwind als reine slawische Ansiedlungen. 
Manche Autoren schossen auch bei ihren Hinweisen auf slawische Siedlungen über das Ziel hinaus. So auch der Coburger Rektor Joh. Christian Tomae. In einem Vortrag über „Schleusingen und die Schleus“ versuchte er 1912 den Namen Slusungen (Schleusingen) vom Namen des slawischen (wendischen) Stammes der Sliusler abzuleiten. Der Stamm war zwischen der unteren Mulde und der Elbe angesiedelt und versuchte, wie andere slawischen Stämme auch, in Richtung Westen vorzudringen. Der slawische Druck ging ja noch am Anfang des 12. Jahrhunderts bis unmittelbar an die Grenze des Grabfeldes heran, da das obere Maingebiet bis etwa Bamberg von den Wenden besetzt war (Mainwenden).
Schleusingen als mittelalterliche Residenz
Tatsache ist jedoch, dass Schleusingen keine slawische Gründung ist und der Name Schleusingen oder Slusungen, wie die Stadt am Anfang genannt wurde, aber auch gar nichts mit den o.g. Sliusler zu tun hat, obwohl der Gedanke nicht neu ist. Schon vor über 200 Jahren hat der Kurfürstliche Sächs. Historiograph Wilhelm Ernst Tentzel – ein Geschichtsgelehrter - allen Ernstes „es als zweifellos hingestellt, dass Schleusingen vom slawischen Stamm der Sorben gegründet worden ist,“ Auch weiteren Ansiedlungen, wie z,B. Suhl und auch Gethles dichtete er einen slawischen Ursprung an. Seine Argumente sind jedoch längst widerlegt (Siehe auch den Beitrag zum Namen Schleusingen - Slusungen - die villa Slusungen).
Während die neuen Ansiedlungen mit den Namensendungen -berg, -rod, - städt und -hof mit Sicherheit fränkische (deutsche) Gründungen waren und meist auch nach den Gründern benannt wurden, konnte man scheinbar mit den Namen Getelinges und auch anderen, nichts anfangen denn auch die ganz und gar nicht fränkische Hufeisenform unseres Dorfplatzes mit einer Linde, weist tatsächlich auf slawischen Einfluss hin. Nach den Forschungen der Historiker Th. Lorentzen und E. Koch wurde jedoch auch Gethles von einem Getelinc (heute in der Namensform Göttling) gegründet, der als Anführer mit anderen Rodungsbauern aus Mainfranken kam. Auch hat man übersehen, dass die Häuser um den Dorfplatz herum erst gebaut wurden, als sich das Dorf vergrößerte.
Slawisches Gethles?
Bei der Dorfgründung wurde es als fränkisches Haufendorf angelegt. Die ersten 4 Häuser (heute die Häuser. Dorfplatz 8, 8a, 8b und 10) mit den Stallungen und Scheunen standen oben rechts vom Dorfplatz um einen größeren Platz (Dorfplatz?) herum, was auch heute noch gut zu erkennen ist. Ob eine Linde in der Frühzeit des Dorfes den sog. Marktplatz zierte, ist nicht bekannt. Die Linde, die bis 1946 dort stand und die einem Sturm zum Opfer fiel, wurde erst 1815 gepflanzt, zum Andenken an den Huldigungsakt, mit dem unsere Region zu Preußen kam.
Festzuhalten bleibt:: Slawen waren maßgeblich am Landesausbau – also der Neugründung von Ortschaften dieser Zeit beteiligt und haben einen nicht geringen Anteil an der Entwicklung des Gebietes zwischen Rhön und Thüringer Wald

Quelle:: Th. Lorentzen, Ursprung und Anfänge der Stadt Schleusingen

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