Die Eiserne Hand bei Altendammbach |
Es gibt in den Ortschaften der Umgebung wohl kaum einen Alteingesessenen, der die „Eiserne Hand“ sowie das so bezeichnete Waldgebiet da oben nicht kennt und sicher auch manche Geschichte dazu gehört hat; aber keiner kann so richtig erklären, was es mit diesem rätselhaften Ort und seinem nicht gerade alltäglichen Kennzeichen auf sich hat. - Und so gibt es dazu immer wieder Anfragen.
Zwar wird in Hut- und Forstakten aus der Zeit um 1700 öfters der Flurort „Eiserne Hand“ genannt, ohne jedoch einen näheren Hinweis auf die Namensgebung zu vermitteln. Manche Autoren meinen, an dieser Stelle habe einstmals lediglich ein eiserner Wegweiser in Form einer Hand gestanden, weshalb neuerdings dort wieder ein Pfahl mit dem Abguss einer Hand aufgestellt wurde.Vor allem im süddeutschen Raum kommt der Name „Eiserne Hand“ oft an Höhenübergängen vor, wo in früherer Zeit Rast gemacht wurde und Zug- und Tragtiere gewechselt werden konnten, also eine Ausspanne vorhanden war.Vielfach kommt der Name „Eiserne Hand auch im Taunus an Paßhöhen vor und auch am Westhang des Kreuzberges(1) in der Rhön, dessen Gipfelfläche von einem keltischen Ringwall umschlossen wird, gibt es nahe dem Guckas- Pass einen Flurort, der „Eiserne Hand genannt wird. Ja, sogar ein Bahnhof der Nassauischen - Touristik - Eisenbahn heißt „Eiserne Hand“ Es ist deshalb kaum möglich, dass überall dort, an den genanten Stellen – es könnten noch viele andere aufgezählt werden - Wegweiser in Form einer eisernen Hand gestanden haben könnten. Allerdings wird auch im Internet der historische Ausdruck bzw. Flurname „Eiserne Hand“ als die Stelle bezeichnet, wo in der Regel ein eiserner Wegweiser stand.
Eine einleuchtende Deutung für den Flur- bzw. Forstnamen „Eiserne Hand“ findet sich meiner Kenntnis nach nur in einem Manuskript, das die Autorengemeinschaft Chronik Suhl e.V., als historisches Stichwort aus vor urkundlicher und früher Zeit erarbeitet hat und das bisher kaum publiziert worden ist.
Demnach ist möglicherweise die Bezeichnung „Eiserne Hand“ im Zusammenhang mit dem keltischen Sprachrelikt aithean- anned zu sehen, was Bergwohnung, Berghaus bedeutet. Daraus konnte dann, als der Ausdruck nicht mehr verstanden wurde, in der deutschen Sprache „Eiserne Hand“ werden.
Ein solcher Höhenübergang soll auch die „Eisernen Hand“ bei Altendambach gewesen sein. Alles spricht dafür, dass hier die alten und frühen, mühsamen Aufstiege der Höhenwege aus dem Werratal endeten, hier wurden Ochsen, Maultiere oder Pferde gewechselt, bevor es wieder bergab nach Suhl ging, um dann über die Suhler Leube den Rennsteig zu bezwingen. Für den Abstieg der weiteren Fahrroute nach Suhl benutzte man den langen Rücken des Steingebössel und anschließend den Friedberg, um die Haselfurt am Kunigundenhügel zu erreichen. Auf dem Pfütschberg traf sie dabei zum zweiten Mal auf einen Flurort mit Namen „Eiserne Hand“, wo noch bis in die erste Hälfte des 20. Jh. Wirtschaftsgebäude Neundorfer Bauern standen. Teilweise haben sich die Wegespuren auf der gesamten Strecke erhalten und können als tiefe Fahrrinnen und Hohlwege verfolgt werden.
Altstraße von Schleusingen nach Suhl
mit mehreren Abzweigen
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Soweit die Suhler Autoren, deren Text hier frei wiedergegeben wurde. Obwohl sie die meisten ihrer Ausführungen mit einem Fragezeichen versehen, sind sie gegenüber anderen Geschichten um die Eiserne Hand schlüssig nachzuvollziehen. Dazu muss man jedoch auch die alten Wegeverhältnisse etwas näher betrachten, die dort hinauf führen.
In alter Zeit waren Rhön, Thüringer Wald und Schiefergebirge für den Durchgangsverkehr gewaltige Hindernisse, und doch fanden die Menschen Möglichkeiten die Gebirge schon in frühgeschichtlicher Zeit, spätestens aber im frühen Mittelalter zu überwinden. Sie wurden anfangs umgangen, später auf einem Pass überquert. Für den Thüringer Wald mit Schiefergebirge gab es mehrere Sattelpässe. Einer davon der „Oberhofer Pass“.
Als vor ca. 3000 Jahren der Wagen in unseren Breiten für den Warentransport und Fernhandel in Gebrauch kam und damit der Warenaustausch zwischen den besiedelten Regionen ständig größer wurde, nahm die Zahl der Fuhrleute sehr schnell zu und damit auch die Zahl der Ausspannen an den Höhenübergängen, die den Handelskarawanen neue Gespanne bereithielten.
Wie diese Wege über die Gebirge damals beschaffen waren, können wir uns im Zeitalter von Autobahnen, Asphaltstraßen und Eisenbahnen kaum noch vorstellen. Hatten die römischen Straßen schon eine Mindestbreite und waren meist befestigt, waren keltische und germanische Wege reine Naturpfade. So konnten sich in den engen Passstraßen die Fuhrwerke nicht ausweichen und mussten am Vormittag in einer Richtung, am Nachmittag in der Gegenrichtung befahren werden. Bergauf kamen die Frachtwagen trotz Vorspann auf den unbefestigten, steilen Gebirgswegen nur sehr langsam voran, blieben nicht selten wegen Rad- oder Achsenbruch liegen oder in einem Sumpfloch stecken.
5000 Jahre das gleiche Transportprinzip |
Wege über den Rennsteig: Siehe gleichnamiger
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Weil die Fuhrleute immer wieder versuchten kürzere und leichtere Aufstiege in die Berge zu finden, führten, über Trostadt- Kloster Veßra- Neuhof mindestens zwei Fahrwege auch über den Rote Haak zwischen Ahlstädt und Gethles in Richtung Altendambacher Höhe. Nach der Werrafurt bei Trostadt markiert sich eine weitere Route durch mehrere tief ausgeschnittene Hohlwege über Ehrenberg zur Schleusefurt bei Zollbrück, die dann nördlich der Schleuse über das Schmidtsrod und den Kuhberg den Raum Gethles erreicht. Ab hier windet sich ein stark eingetieftes Hohlwegbündel zum Rote Haak, wo alle Wege nach einer letzten Steigung durch einen langen Hohlweg (der Altendambacher Höll) die „Eiserne Hand“ nahe dem Donnersberg erreichen.
Eine weitere uralte Heerstraße und Rennsteigquerung gab es mit der Waldstraße von Erfurt über die späteren Ansiedlungen Ilmenau - Frauenwald – Schleusingen, für die nach 1332 der Name „Frauenstraße“ üblich wurde und die viel Historisches erlebt hat. Nicht nur der angelsächsische Missionar Bonifatius ist hier entlang gekommen, sondern auch die meisten kriegerischen Truppenbewegungen in alter Zeit vollzogen sich auf diesem Weg. In Schleusingen traf er auf die oben beschriebene „Wein- oder Leubenstraße“ins Maingebiet und über die „Eiserne Hand“ nach Suhl.
Bischofrod unterhalb der Eisernen Hand |
Lange vor dem 30-jährigen Krieg, als die Wege teilweise befestigt und in die Täler verlegt wurden, bevorzugte man dann schon den kürzeren Weg aus dem Werratal (Themar) nach Suhl über Lengfeld- Eichenberg oder Lengfeld- Keulrod. Der Übergang ins Dreisbachtal war die Rückbreche am Schneeberg. Noch heute sind am Nord- und Südhang der Rückbreche eingetiefte Hohlwege erkennbar. Sie zeugen vom regen Wagenverkehr auf dieser Strecke zur damaligen Zeit. War ein Weg zu tief ausgefahren, legte man daneben einen anderen an. Auch Isolani mit seinen Kroaten hat ihn von Themar nach Suhl benutzt, als er am 16. Oktober 1634 Herzog Bernhardt von Sachsen- Weimar verfolgte, um ihn zu fangen und an den Kaiser auszuliefern. Als Bernhardt im dichten Oberhofer Wald entkommen konnte, ließ Isolani aus Wut Suhl an allen Ecken anzünden. Auf dem Rückweg nach Themar wurden die Dörfchen Dreisbach (heute Wüstung) und Keulrod eingeäschert. In Themar kam es zu der verheerenden St.-Gallus- Nacht. Das steinerne Kroatenkreuz südwestlich des Sommerbergs an der Rückbreche soll an diese Ereignisse erinnern.
Der Verkehr von Themar nach Suhl wurde aber nicht nur über die Rückbreche abgewickelt. Von Keulrod aus führte auch ein Weg am Donnersberger Rücken entlang durch die Altendambacher Hohle zur „Eisernen Hand“, um hier auf die Straße von Schleusingen nach Suhl zu treffen. Zu bemerken ist außerdem, dass die in diesem Beitrag genannten Ortschaften und Straßennamen meist jünger sind als die Wege selbst. Viele sind längst aufgegeben, vergessen und bewachsen, andere wurden für die Landwirtschaft, Holzabfuhr oder den öffentlichen Verkehr ausgebaut und befestigt.
Altendambach nordwestlich der Eisernen Hand |
Das von der Gemeinde Altendambach und der Forstverwaltung aufgestellte Kennzeichen in Form einer eiserne Hand ist jedenfalls kein Wegweiser, sondern markiert den heutigen Forstort mit einer historischen Vergangenheit. Allerdings gibt es zu dieser Vergangenheit keine Urkunden oder schriftliche Aufzeichnungen. Es sind deshalb keine näheren und zeitlichen Angaben zur „Eisernen Hand“ möglich und damit könnte das dortige Gehöft schon vor der Erfassungszeit derartiger Berghöfe aufgegeben worden sein. Es sind verwehte Spuren, auf denen wir uns bewegen und es versteht sich von selbst, dass alte Spuren allein das Dunkel der Geschichte nicht restlos aufhellen können. Das Fehlen von schriftlichen Zeugnissen erklärt sicher auch, warum die Suhler Chronisten bei ihren Ausführungen zum Thema, meist nur Vermutungen aufgeschrieben haben.
Es mag deshalb als eine vermessene Gedankenspielerei erscheinen, aber:
• Die Zahl der Wege, die die
„Eiserne Hand“ kreuzen oder kreuzten, lässt den Schluss zu, dass der Bauernhof,
den es auf Grund der Bodenmerkmale mit großer Wahrscheinlichkeit in früher Zeit da oben gab, tatsächlich ein Rasthof mit Ausspanne war.
• Denkbar und naheliegend ist, dass irgendwann Rasthäuser und Ausspannen an Höhenübergängen -
ähnlich einem Wirtshausschild - mit einer eisernen Hand auf einem Pfahl gekennzeichnet wurden. Die
erhobene flache Hand zeigte die Friedfertigkeit an und forderte die Fuhrleute
auf, Rast einzulegen und das Gespann zu wechseln. Nicht selten waren ja einsam
im Wald gelegene „Herbergen“ die reinsten Räuberhöhlen und so mancher
Handelsmann wurde dort seine Frachtgüter samt Wagen los. Wer kennt nicht das
Wirtshaus im Spessart ?
Die Eiserne Hand (rot) am wasserscheidenden Höhenweg
von Schleusingen nach Suhl
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• Alle Fakten zusammengefügt und das Ganze zu Ende gedacht ist man geneigt zu behaupten, dass es eigentlich um die „Eiserne Hand“ bei Altendambach keine Geheimnisse oder Rätsel gibt.
Es könnte dann so gewesen sein, dass mit den Straßen über die Rückbreche und von Schleusingen nach Suhl, über Erlau- Hirschbach, die Ausspanne bei Altendambach an Bedeutung verlor. Die Fuhrleute mit ihren Pferdeknechten und Frachtwagen blieben aus. Der Hof wurde schließlich in der Waldeinsamkeit nicht mehr gebraucht und ist aufgegeben worden; die bäuerliche Kulturlandschaft hatte sich bald der Wald zurückerobert.
Somit könnten auch alle mysteriösen Geschichten als Legenden abgetan werden, die im Laufe der Zeit um dieses Areal entstanden und auch heute noch in Umlauf sind. Aber wen schaudert es nicht bei der Erzählung, dass dort im 30-jährigen Krieg einem kaiserlichen Obristen die Hand abgeschlagen wurde, weil er sich weigerte Themar plündern und einäschern zu lassen. Es gibt noch einige andere Gruselgeschichten.
Ansonsten bleibt für viele Menschen das großflächige und schöne Waldgebiet um die „Altendambacher Höhe“ und speziell der „Eisernen Hand“ ein beliebtes Ziel für Ausflüge und Wanderungen. Sie bieten die Möglichkeit Orte und Wege kennenzulernen, auf denen sich historische Vorgänge abgespielt haben. Dabei kann jeder Interessierte selbst darüber nachdenken, wie es in ferner Vergangenheit wohl gewesen sein könnte.
Das früher nicht so massive Kennzeichen musste im Laufe der Zeit auch immer mal wieder erneuert werden, weil dieser oder jener Zeitgenosse es zerstörte oder mitgenommen hat. Eine überdachte Sitzgruppe lädt heute den Vorbeikommenden zum Verweilen ein. Es fehlt leider eine Informationstafel mit einer Beschreibung dieser markanten Örtlichkeit.
Anmerkungen:
(1) Der
keltische „Asenberg“ erhielt seinen
heutigen Namen „Kreuzberg“ erst nach der Christianisierung der dortigen
Region. Vermutlich umschloss der
Ringwall auf dem Gipfel einen heidnischen Kultort, der für die Kirche Anlass
zur Errichtung einer christlichen Kapelle und späteren Klosters bildete.(2) Der Name Kohlberg hat nichts mit Kohl oder Kohle zu tun, wie das in der Literatur oft behauptet wird. Der Name kommt tatsächlich aus dem keltischen oder vordeutschen „col, colg“ was „steiler Aufstieg, Steige, Abhang bedeutet.
Quellen:
Autorengemeinschaft Chronik Suhl e.V.Sammlung v. .G. Heß
Dieser Beitrag wurde in den „Schleusinger Blätter“ Ausgabe 9/2012 in gekürzter Form veröffentlicht.
Einwurf des Blog-Redakteurs:
Flurnamen mit Hand gibt es mehrere Dutzend im deutschsprachigen Raum. Allen ist gemeinsam, dass sie auf einer wasserscheidenden Altstraße und an einer Wegekreuzung mit fünf Abzweigungen (5 Finger einer Hand) liegen. H.K.
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