Montag, 8. Juni 2020

Von Paris nach Tilleda - Königspfalzen quer durch Deutschland

Die Königspfalz Tilleda in Nordthüringen
Text zum Film auf YouTube

Im Norden Thüringens präsentiert sich am Rande der Goldenen Aue das Erlebnismuseum Tilleda. Es ist die einzige vollständig ausgegrabene Königspfalz in Deutschland, eine ehemalige befestigte Nobelherberge für umherziehende Herrscher also. Burg und Umland vermitteln ein weitestgehend unverfälschtes Bild vom Leben wie vor 1000 Jahren. Schon im 19. Jahrhundert hatte man begonnen, hier auszugegraben und vor einigen Jahren wurde umfassend restauriert. Unter der Woche könnten die Ausstellungen noch ein paar Besucher vertragen, aber seine Mittelalterfeste und Ritterspiele locken inzwischen Tausende an. Seit dem Jahre 700 etwa soll die Befestigung den gekrönten fränkischen Häuptern vor allem als Ausgangspunkt für Kriegszüge gen Osten gedient haben.
Steinmauern und Lehmhütten
Im 10. Jahrhundert stellten in „Tullide“ verschiedene Ottos, Heinrichs, Friedrichs - und wie sie alles hießen - mehre erhaltene Urkunden aus. 972 übergab Kaiser Otto II. seiner Gemahlin Theophanu unter anderem die Pfalz „Dullede“ als "Wittum", so zu sagen als Absicherung im Falle seines Todes. Doch sehr großzügig scheint ihre Majestät nicht gerade gewesen zu sein. Der kleine Bergsporn östlich des Kyffhäusers zeigt zwar ein paar Steinbauten, wie Einfalltore, Herrenhaus und Kirche, sonst aber dominieren kleine Lehmhütten und Palisadenwälle. Was für eine rückschrittliche Armedei! Jedenfalls entspricht das alles so gar nicht unseren Vorstellungen von Repräsentanzen ehemaliger Anführer des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation.
Speyer
Nehmen wir z. B. Speyer am Rhein, mit seinem bekannten Kaiser- und Mariendom. Es ist die größte erhaltene romanische Kirche weltweit. In seiner Krypta ruht so einiges, was damals Rang und Namen hatte. Der Dom stammt etwa aus der gleichen Zeit, als in Tilleda die ersten Steine geschichtet wurden. Hatten die hier ein anderes Verständnis von Raum und Zeit? Hatten sie!
Speyer zählt zu den ältesten Städten Deutschlands, hervorgegangen aus einer römischen Garnison am Anfang der christlichen Zeitrechnung. Bauhandwerk, Stil und Lebensart vom fortschrittlichen Mittelmeer waren hier eingekehrt.
Tilleda - ein keltischer Abschnittswall?
Wie in Tilleda auch hatten im heutigen Speyer schon lange vordem Menschen gesiedelt, die ersten Bauern vor 7000 und besonders während der Bronzezeit vor 4000 Jahren. Die brandgräberfixierten Indogermanen sollen vor 2500 Jahren noch die Flurnamen und eisernen Kampfschwerter beigesteuert haben. Aber da ging der Unterschied schon los. Während am Rhein Hallstadt- und Latene-Kelten Hochzivilisationen bezeugen, stockte es mit der Entwicklung in Tilleda. Und gegen das kulturelle Niveau der noch vor Christ Geburt hier einziehenden Römer hatten die ollen Germanen jenseits des Harzes sowieso keine Chance mehr. Aus den Rheinkasernen des Imperium Romanum konnten sich dann allerorts diese beeindruckenden Königsorte im Westen entwickeln.
Das alles beschreibt das historische Stiftsmuseum in Aschaffenburg: Die Römer saßen westlich des Mains und sicherten von Stockstadt aus ihre Provinzen gegen die barbarischen Germanen. Am östlichen Flussufer siedelten die Alamannen und versuchten durch Handel und Raub etwas vom Kuchen abzubekommen. Auf der Höhe der berühmten Johannisburg sah es also damals nicht viel anders als in Tilleda aus.
Modell einer fränkischen Wachstation am Heerweg
Das änderte sich auch nicht, als im 5. Jahrhundert die Franken als ehemalige Verbündete den Römern im Westen die Macht abnahmen. Sie versuchten genau da weiter zu machen, wo die größte Hochzivilisation der damaligen Welt sich durch dynastisches Gerangel selbst zerlegt hatte. Als Bauernkrieger und Analphabeten gelang ihnen das aber nur bedingt. 1000 Jahre kultureller und technischer Rückschritt waren der Preis! Besser als die Römer aber waren die Franken im Kampf. Nachdem sie alle Gebiete westlich des Rheins bis zum Atlantik unter ihre Kontrolle gebracht hatten, marschierten sie bei ihren germanischen Brüdern im Osten ein, erst Alemannen, dann Thüringer, dann Sachsen. Mit Stein zu bauen, brauchten die fränkischen Eliten aber genau so lange, wie schreiben zu lernen. Vermutlich im Jahr 869 fand in „castra Ascaphanburg“ die Heirat zwischen dem späteren König Ludwig III. und der sächsischen Grafentochter Luitgart statt. Sie erhielt nach dessen Tode Aschaffenburg ebenfalls als Witwensitz. Das war sicher nicht die einzige Parallele zu Tilleda. Es darf davon ausgegangen werden, dass damals hier auch nur Lehmhütten standen. Erst danach hatten die reichen Mainzer Erzbischöfe Gelegenheit, den Flussübergang hier Richtung Osten zu ihrer Zweitresidenz auszubauen.
Römerstraßen - strategischer Vorteil der späteren Franken
Denn um einigermaßen durchquerbare Furten drehte sich in brückenloser Zeit alles. Die Franken hatten gleich zu Beginn ihres Aufstieges Paris zur Hauptstadt des neuen Großreiches gemacht. Das erzwang lange Anfahrtswege z. B. auch in die ständig aufmüpfigen Provinzen wie Sachsen und Thüringen. Auf ehemals römischem Gebiet konnte die herrschende Königsdynastie der Merowinger noch auf die ausgebauten und schnurgeraden Römerstraßen zurück greifen. Erst östlich von Rhein und Main wurde es holprig.
In Worms, noch westlich des sog. deutschen Schicksalsflusses, sollen die ersten Frankenkönige, wie Chlodwig I., noch die gesamte Infrastruktur der Römer genutzt haben können. Erst nach und nach, durch Kriege und neue Prunkbauten, wie der romanische Dom oder die gotische Liebfrauenkirche, entstand das heutige Bild. An diese Zeit des Umbruchs soll die Nibelungenbrücke erinnern, dem deutschen Heldenepos gewidmet, natürlich erst in romantisierender Neuzeit errichtet.
Worms
Den Höhepunkt fränkischer Macht symbolisierte Kaiser Karl der Große, der dann auf einer Ebene mit dem übriggebliebenen Oströmischen Reich in Konstantinopel, heute Istanbul, agierte. In Worms war er zischen 772 und 790 acht Mal. Hier hat er auch seine 4. Frau geheiratet. Und nur weil die damalige überwiegend hölzerne Königspfalz abbrannte wurde nichts aus dem geplanten Witwensitz. Tilleda lässt grüßen! Königstreue Bischöfe päppelten die Stadt dann für mehrere Reichstage wieder auf, aber nach Karl ging es schon mit den Reichsteilungen los.
Die hatten aber zunächst keinen Einfluss auf den fränkischen Drang gen Osten. Die Hauptstrecke verlief von Paris nach Rheims und über Metz nach Saarbrücken und Kaiserslautern. Dort sind noch Reste dieser uralten Heer- und Handelsstraße und natürlich die einer Königspfalz erhalten.
Modell der ehemaligen Pfalz in Kaiserslautern
Das fränkische Reich wurde nach dem Tode Karls mehrfach von seinen Enkeln untereinander aufgeteilt. An und für sich kein ungewöhnlicher Vorgang. Aber mit dem Schachern um die Königswürde konnte sich nach und nach das Ostfrankenreich herausschälen, dem Vorläufer des Deutschen Reiches. Das hatte auch was mit den überzogenen räumlichen Dimensionen und langsam verfallenden Straßen zu tun. Die Pfalz in Kaiserlautern soll von Kaiser Barbarossa erst zerstört und 1152 neu errichtet worden sein. Er hat 5-mal hier seine Aura versprüht. Angesichts der Ruinen wird auch zum ersten Mal ein Vorteil von Tilleda sichtbar. Reiche Städte im fränkischen Zentralreich, wurden von allen möglichen Kriegsherren magisch angezogen. Kreuzritter, Reformisten, Napoleon - sie alle zerstörten die Stadt mit ihren als jeweils glorreich beschriebenen Feldzügen.
Königswege - Via Regia
Das letzte Mal wurde die Stadt im 2. Weltkrieg fast vollständig ausradiert. Das alles blieb Tilleda in seiner ländlichen Randlage erspart.
Auch wenn es mehrere Wege von Paris in den Osten gab, der Hauptstrang von Paris über die hier genannten Orte führt durch den Pfälzer Wald. Die Linie zieht sich weiter über Worms bis Aschaffenburg, auch wenn später der Strang über Mainz und Frankfurt bevorzugt wurde. Etwa alle 20 Kilometer, dem Tagepensum eines Ochsenkarrens, mussten Versorgungs- und Sicherungsstationen eingerichtet werden. Eine solche war Bad Dirkheim am Fuße des Pfälzer Waldes. Vorspanndienste, Straßenarbeiter und Leute zur Furtabsicherung wurden zu allen Zeiten gebraucht. So hat man auch noch im kleinsten Nest an der Trasse Spuren der alten Völker gefunden: Über Bad Dirkheim die mächtige keltische Wallburg Heidenmauer, rundum mehrere römische Weingüter, allerorts die frühen fränkischen Kirchenbauten.
Jeder Eroberer wusste, da, wo Leute siedelten, war ein komfortables Leben möglich. Außerdem mussten ja die neuen Untertanen auch in Schach gehalten werden. Und man konnte auch nicht alle vertreiben oder umbringen, wer hätte dann die Arbeit machen sollen. Also ließ man sich meist in unmittelbarer Nachbarschaft nieder.
Dieburg
Ein solcher Ort ist Dieburg auf halben Weg zwischen Worms und Aschaffenburg. Die Bebauung vor der eigentlichen Stadtmauer gründet nicht nur auf römische Fundamente, sie heißt auch Altstadt. Das könnte auf eine alemannische Nachfolgegründung hindeuten, nachdem sich die Römer hinter den Main zurückgezogen hatten. Mit der Eroberung des Gebietes durch die Franken wurde in Dieburg - wir ahnen es schon - ein Königshof installiert.
Die fränkischen Herzöge hatten von Anfang an regionale Verwalter in den eroberten Gebieten eingesetzt. Diese Grafen demonstrierten ihre Machtstellung gerne, indem sie außerhalb der Städte auf markanten Hügeln ihre Burgen bauten. So entstand ein zusätzlicher Wegeschutz, benannt nach denen, die hier lustwandelten. Frankenstein in der Pfalz beispielsweise, hatte ausdrücklich die Wege nach Worms, Dürkheim und Speyer zu bewachen.
Frankenstein im Odenwald
Frankenstein im Odenwald zeigt dann besonders, wie sich neben der Reichsteilung auch die Territorialgrafen langsam verselbständigten. Dort wird übrigens ein ebenso großer Hexenkult wie im Harz betrieben, was auf heidnische Bräuche der Vorgänger hinweisen könnte.
Damit sind wir wieder in Tilleda, südöstlich des Harzes. Aus dem fränkischen Westen sind 3 mittelalterliche Stränge nach Mitteldeutschland bekannt: Einmal die Via regia von Frankfurt über Eisenach kommend, dann die Talvariante der sog. Heidenstraße von Köln über Kassel und die Deitwege nördlich des Harzes. Sie alle führten irgendwie nach Leipzig, was ja bis heute als Tor in den Osten gilt.
Tilleda konnte leider nicht an dieser erfolgreichen Entwicklung teilnehmen. Als letzter großer Königsbesuch wird Barbarossa genannt, der 1174 ein Kreuzzugsheer hier versammelt hat. Er soll auch die große Reichsburg auf dem Kyffhäuser nebenan wieder aufgebaut haben, die in einer jener Feten mit den sächsischen Herzögen zerstört worden war. Sein Sohn aber Kaiser Heinrich VI. versöhnte sich 1194 wieder mit dem sächsischen Herzog Heinrich dem Löwen und legte damit den langandauernden Streit zwischen den Dynastien der Staufer und Welfen bei.
Tilleda überzeugt durch seine Ursprünglichkeit
Nun wurde Tilleda nicht mehr gebraucht. Die Pfalz verfiel noch vor dem 13. Jhd. Einige Autoren machen dafür den Burgenbau auf dem Kyffhäuser verantwortlich, andere die Verlagerung der Alten Leipziger Straße. Fakt jedoch, dass ihr Untergang mit der Befriedung der Sachsen zusammen fiel. Die Steine holten sich die Bauern aus dem Dorf, das Gelände wurde landwirtschaftlich genutzt. Pech, dass Tilleda keine keltischen Weingelage und Römermauern erleben durfte. Glück, dass die Kaiserpfalz kein fränkisch fürstliches Machtzentrum abbekam, keine Industrieanlagen, keinen Bomben. So blieb ein einzigartiges kulturelles und architektonisches Zeitfenster erhalten, das den Übergang von der Holz- zur Steinbauweise im germanischen Osten markiert. Sein Umfeld lässt uns die Atmosphäre von damals erahnen, als es noch keine Metropolen gab. In einer Zeit, wo nur noch Beton unseren Blick in die Zukunft verstellt, Gelegenheit über die Vergänglichkeit von großer Macht nachzudenken...

Freitag, 5. Juni 2020

Die Eiserne Hand – eine Ausspanne ? (Von Gastautor C.A.)

Die Eiserne Hand bei Altendammbach
In der Nähe der Altendambacher Höhe, auf der sich Landstraße, Forst- und Wanderwege treffen, kommt der Wanderer oder Mountainbiker  auf seinem Weg in Richtung  Fischbach- Schleusingen an einem mehrarmigen Wegweiser vorbei, an dem auf einem schmalen Betonsockel eine aus Eisen gegossene Hand in den Himmel zeigt. Ein weiterer Wegweiser?  Ein Denkmal?
Es gibt  in den Ortschaften der Umgebung wohl kaum einen Alteingesessenen, der die „Eiserne Hand“ sowie das so bezeichnete Waldgebiet da oben nicht kennt und sicher auch manche Geschichte dazu gehört hat; aber  keiner kann so richtig erklären, was es mit diesem rätselhaften Ort und seinem nicht gerade alltäglichen Kennzeichen  auf sich hat.  -  Und so gibt es dazu  immer wieder Anfragen.
Zwar wird in  Hut- und Forstakten aus der Zeit um 1700  öfters der Flurort „Eiserne Hand“ genannt, ohne jedoch einen näheren Hinweis auf die Namensgebung  zu vermitteln. Manche Autoren meinen, an dieser Stelle habe einstmals lediglich ein eiserner Wegweiser in Form einer Hand gestanden, weshalb neuerdings dort wieder ein Pfahl mit dem Abguss einer Hand aufgestellt wurde.Vor allem im süddeutschen Raum kommt der Name „Eiserne Hand“  oft an Höhenübergängen vor, wo in früherer Zeit Rast gemacht wurde und Zug- und Tragtiere gewechselt werden konnten, also eine Ausspanne vorhanden war.Vielfach kommt der Name „Eiserne Hand auch im Taunus an Paßhöhen vor und auch am Westhang des Kreuzberges(1) in der Rhön, dessen Gipfelfläche von einem keltischen Ringwall umschlossen wird, gibt es nahe dem Guckas- Pass einen Flurort, der „Eiserne Hand genannt wird. Ja, sogar ein   Bahnhof der Nassauischen - Touristik - Eisenbahn heißt  „Eiserne Hand“ Es ist deshalb kaum möglich, dass überall dort, an den genanten Stellen – es könnten noch  viele andere aufgezählt werden - Wegweiser in Form einer eisernen Hand gestanden haben könnten. Allerdings wird auch im Internet der  historische Ausdruck bzw. Flurname „Eiserne Hand“ als die Stelle bezeichnet, wo in der Regel ein eiserner Wegweiser stand.
Eine einleuchtende  Deutung für den Flur- bzw. Forstnamen „Eiserne Hand“ findet sich meiner Kenntnis nach  nur in einem Manuskript, das die Autorengemeinschaft Chronik Suhl e.V., als historisches Stichwort  aus vor urkundlicher und früher Zeit  erarbeitet hat und das bisher  kaum publiziert worden ist.
Demnach ist möglicherweise die Bezeichnung „Eiserne Hand“ im Zusammenhang mit  dem keltischen Sprachrelikt aithean- anned zu sehen, was Bergwohnung, Berghaus bedeutet. Daraus konnte dann, als der Ausdruck nicht mehr verstanden wurde, in der deutschen Sprache  „Eiserne Hand“ werden.
Ein solcher Höhenübergang  soll  auch die  „Eisernen Hand“  bei Altendambach gewesen sein.  Alles spricht dafür, dass hier die alten und frühen, mühsamen Aufstiege der Höhenwege aus dem Werratal endeten,  hier wurden Ochsen, Maultiere oder Pferde gewechselt, bevor es wieder bergab  nach Suhl ging, um dann über die Suhler Leube  den Rennsteig  zu bezwingen. Für den Abstieg der weiteren Fahrroute nach Suhl  benutzte man den langen Rücken des Steingebössel und anschließend den Friedberg, um die Haselfurt am Kunigundenhügel zu erreichen.  Auf dem Pfütschberg traf sie dabei zum zweiten Mal auf einen Flurort mit Namen „Eiserne Hand“, wo noch bis  in die erste Hälfte des 20. Jh. Wirtschaftsgebäude Neundorfer Bauern standen.  Teilweise haben sich die  Wegespuren auf der gesamten Strecke erhalten und können als tiefe Fahrrinnen und Hohlwege verfolgt werden. 
Altstraße von Schleusingen nach Suhl
mit mehreren Abzweigen
Der an der „Eisernen Hand“ schmale Bergrücken erweckt den Eindruck, künstlich eingeebnet worden zu sein, wozu stellenweise Spuren einer früheren Erdwallabgrenzung erkennbar sind. Unweit östlich, am Nordabhang des Donnersberges, deuten etliche Feldraine unverkennbar auf ehemaligen Feldbau hin, der hier oben nur von einem nahegelegenen Gehöft ausgegangen sein kann. Dieses könnte am Ort der vorerwähnten Einebnung gestanden haben und als Ausspanne genutzt worden sein. Nahe dieser Hofstelle gab es früher auch eine Quelle, die jedoch trocken gefallen ist.
Soweit die Suhler Autoren, deren Text hier frei  wiedergegeben wurde. Obwohl sie die meisten ihrer Ausführungen mit einem  Fragezeichen versehen, sind sie gegenüber anderen Geschichten um die Eiserne Hand schlüssig nachzuvollziehen. Dazu muss man jedoch auch die alten Wegeverhältnisse etwas näher betrachten, die dort hinauf führen.
In alter Zeit waren Rhön, Thüringer Wald und Schiefergebirge für den Durchgangsverkehr gewaltige Hindernisse, und doch fanden die Menschen Möglichkeiten die Gebirge schon in  frühgeschichtlicher Zeit, spätestens aber im frühen Mittelalter zu  überwinden.  Sie wurden anfangs umgangen, später auf einem  Pass  überquert. Für den Thüringer Wald mit  Schiefergebirge gab es mehrere Sattelpässe. Einer davon der „Oberhofer Pass“.
Als vor ca. 3000 Jahren der Wagen in unseren Breiten für den Warentransport und Fernhandel in Gebrauch kam und damit der Warenaustausch zwischen den besiedelten Regionen ständig größer wurde, nahm die Zahl der Fuhrleute sehr schnell  zu und damit auch die Zahl der Ausspannen an den Höhenübergängen, die den Handelskarawanen neue Gespanne bereithielten.
Wie diese Wege über die Gebirge damals beschaffen waren, können wir uns im Zeitalter von Autobahnen, Asphaltstraßen und Eisenbahnen  kaum noch  vorstellen. Hatten die römischen Straßen schon eine Mindestbreite und waren meist befestigt, waren keltische und germanische Wege reine Naturpfade. So konnten sich in den engen Passstraßen die Fuhrwerke nicht ausweichen und mussten am Vormittag in einer Richtung, am Nachmittag in der Gegenrichtung befahren werden. Bergauf kamen die Frachtwagen  trotz Vorspann auf den unbefestigten, steilen Gebirgswegen nur sehr langsam voran, blieben nicht selten wegen Rad- oder Achsenbruch liegen oder in einem Sumpfloch stecken.
5000 Jahre das gleiche Transportprinzip
Schon sehr früh hatte sich die  eingangs erwähnte,   mit Wagen befahrbare Wegtrasse über die Suhler Leube, als Urweg zwischen dem Maingebiet (Würzburg) und dem seit undenklichen Zeiten besiedelten Thüringer Becken (Erfurt) herausgebildet. Solche frühen Wege  führten grundsätzlich und ungeachtet der Steigungen oder Gefälle  über die Höhenrücken, um die versumpften Täler zu meiden. Flüsse wurden an einer Furt durchfahren. Über Königshofen kommend, streifte diese Wegtrasse den Fuß  der beiden Gleichberge,  durchzog, über Trostadt- Schleusingen  den Raum um Suhl, bevor sie zum Gebirgskamm emporstieg und beim heutigen Oberhof diesen durchquerte. In Schleusingen markiert sich am Kohlberg(2) der Aufstieg dieser alten Wegroute, die auf der Höhe zur „Eisernen Hand“ und nach Suhl führt und allgemein nach ihrem Anfang die „Kohlbergstraße“ genannt wird.  Schon die   Kelten haben diesen Fernweg benutzt, die in der Latènezeit  (5.- 1. Jh v. Chr.) im Gleichberggebiet ansässig waren. Er wird 1259  erstmals schriftlich erwähnt und besonders im 15. Jh. sehr stark befahren.  Das geht aus einer Geleitstafel hervor, die 1505 für den Oberen Hof (Oberhof) erlassen wurde.    Es scheint aber, so lesen wir bei Dr. Günter Wölfing, dass die später als „Weinstraße“ bezeichnete Trasse bereits um 1700 vor unserer Zeit durch eine Fundkette von Steingeräten aus jener Zeit belegt werden kann.“
Wege über den Rennsteig: Siehe gleichnamiger 
Post in diesem Blog

Weil die Fuhrleute immer wieder versuchten kürzere und leichtere Aufstiege in die Berge zu finden, führten, über Trostadt-  Kloster Veßra- Neuhof mindestens zwei Fahrwege auch über den  Rote Haak zwischen Ahlstädt und Gethles in Richtung Altendambacher Höhe. Nach der Werrafurt bei Trostadt markiert sich eine weitere Route durch mehrere tief ausgeschnittene Hohlwege über Ehrenberg zur Schleusefurt bei Zollbrück, die  dann nördlich der Schleuse über das Schmidtsrod und den Kuhberg  den Raum Gethles erreicht. Ab hier windet sich ein stark eingetieftes Hohlwegbündel zum Rote Haak, wo alle Wege nach einer letzten Steigung durch einen langen Hohlweg (der Altendambacher Höll) die „Eiserne Hand“ nahe dem Donnersberg erreichen.   
Eine weitere uralte Heerstraße und Rennsteigquerung gab es mit der Waldstraße von Erfurt über die späteren Ansiedlungen Ilmenau - Frauenwald – Schleusingen, für die nach 1332 der Name „Frauenstraße“ üblich wurde und die viel Historisches erlebt hat. Nicht nur der angelsächsische Missionar Bonifatius ist hier entlang gekommen,  sondern auch die meisten  kriegerischen Truppenbewegungen  in alter Zeit vollzogen sich  auf diesem Weg. In Schleusingen  traf er auf die oben beschriebene  „Wein- oder Leubenstraße“ins Maingebiet und  über die „Eiserne Hand“ nach Suhl.
Bischofrod unterhalb der Eisernen Hand

Lange vor dem 30-jährigen Krieg,  als die Wege   teilweise befestigt und   in die Täler verlegt wurden, bevorzugte man dann schon den kürzeren Weg  aus dem Werratal  (Themar)  nach Suhl über Lengfeld- Eichenberg oder Lengfeld- Keulrod. Der Übergang ins Dreisbachtal war die Rückbreche am Schneeberg. Noch heute sind am Nord- und Südhang der Rückbreche eingetiefte Hohlwege erkennbar. Sie zeugen vom regen Wagenverkehr auf dieser Strecke zur damaligen Zeit.  War ein Weg zu tief ausgefahren, legte man daneben einen anderen an. Auch Isolani mit seinen Kroaten hat ihn von Themar nach Suhl benutzt, als er am 16. Oktober 1634 Herzog  Bernhardt von Sachsen- Weimar verfolgte, um ihn zu fangen und an den Kaiser auszuliefern. Als Bernhardt im dichten Oberhofer Wald entkommen konnte, ließ Isolani aus Wut Suhl an allen Ecken anzünden. Auf dem Rückweg nach Themar wurden die Dörfchen Dreisbach (heute Wüstung) und Keulrod eingeäschert. In Themar kam es zu der verheerenden St.-Gallus- Nacht.  Das steinerne Kroatenkreuz südwestlich des Sommerbergs an der Rückbreche soll an diese Ereignisse erinnern.
Der Verkehr von Themar nach Suhl wurde aber nicht nur über die Rückbreche abgewickelt. Von Keulrod aus führte auch ein  Weg   am Donnersberger Rücken entlang durch die Altendambacher Hohle zur „Eisernen Hand“, um hier auf die Straße von Schleusingen nach Suhl zu treffen.  Zu bemerken ist außerdem, dass die  in diesem Beitrag genannten Ortschaften und Straßennamen meist jünger sind als die Wege selbst. Viele sind längst aufgegeben, vergessen und bewachsen, andere wurden für  die Landwirtschaft, Holzabfuhr oder den öffentlichen Verkehr ausgebaut und befestigt.
Altendambach nordwestlich der Eisernen Hand

Das  von der Gemeinde Altendambach und der Forstverwaltung aufgestellte Kennzeichen  in Form einer eiserne Hand  ist jedenfalls kein Wegweiser, sondern markiert den heutigen Forstort  mit einer historischen Vergangenheit. Allerdings gibt es zu dieser Vergangenheit keine  Urkunden oder schriftliche Aufzeichnungen. Es sind deshalb  keine näheren und zeitlichen Angaben zur „Eisernen Hand“  möglich und damit könnte das dortige Gehöft schon vor der Erfassungszeit  derartiger Berghöfe aufgegeben worden sein. Es sind verwehte Spuren, auf denen wir uns bewegen und es versteht sich von selbst, dass alte Spuren allein das Dunkel der Geschichte  nicht restlos aufhellen können. Das Fehlen von schriftlichen Zeugnissen erklärt sicher auch, warum  die  Suhler Chronisten bei ihren Ausführungen zum Thema, meist  nur  Vermutungen  aufgeschrieben haben.
Es mag deshalb als eine  vermessene Gedankenspielerei erscheinen, aber:

Die Zahl der Wege, die  die „Eiserne Hand“ kreuzen oder kreuzten, lässt den Schluss zu, dass der   Bauernhof,  den es auf Grund der Bodenmerkmale mit großer Wahrscheinlichkeit in  früher Zeit da oben gab, tatsächlich  ein Rasthof mit Ausspanne war.
Die Eiserne Hand (rot) am wasserscheidenden Höhenweg
von Schleusingen nach Suhl
Denkbar und naheliegend ist, dass irgendwann  Rasthäuser und Ausspannen an Höhenübergängen - ähnlich einem Wirtshausschild - mit einer eisernen Hand  auf einem Pfahl gekennzeichnet wurden. Die erhobene flache Hand zeigte die Friedfertigkeit an und forderte die Fuhrleute auf, Rast einzulegen und das Gespann zu wechseln. Nicht selten waren ja einsam im Wald gelegene „Herbergen“ die reinsten Räuberhöhlen und so mancher Handelsmann wurde dort seine Frachtgüter samt Wagen los. Wer kennt nicht das Wirtshaus im Spessart ?
  Alle Fakten zusammengefügt  und das Ganze zu Ende gedacht ist man  geneigt zu behaupten, dass es eigentlich um die „Eiserne Hand“ bei Altendambach keine Geheimnisse oder Rätsel  gibt.
Es könnte dann so gewesen sein, dass mit den Straßen über die Rückbreche und  von Schleusingen nach Suhl, über Erlau- Hirschbach, die Ausspanne bei Altendambach an Bedeutung verlor. Die Fuhrleute mit ihren Pferdeknechten und  Frachtwagen blieben aus.  Der Hof wurde schließlich in der Waldeinsamkeit nicht mehr gebraucht und ist aufgegeben worden;  die  bäuerliche Kulturlandschaft hatte sich bald der Wald zurückerobert.
Somit könnten auch alle mysteriösen Geschichten als Legenden abgetan werden,  die im Laufe der Zeit um dieses Areal entstanden und auch heute noch in Umlauf sind. Aber wen schaudert es nicht bei der Erzählung, dass dort im 30-jährigen Krieg einem kaiserlichen Obristen die Hand abgeschlagen wurde, weil er sich weigerte Themar plündern und einäschern zu lassen. Es gibt noch einige andere Gruselgeschichten.
Ansonsten bleibt für viele  Menschen das großflächige und schöne  Waldgebiet um die „Altendambacher Höhe“ und speziell der „Eisernen Hand“ ein beliebtes Ziel für Ausflüge und Wanderungen.  Sie bieten die  Möglichkeit  Orte und Wege kennenzulernen, auf denen sich historische Vorgänge abgespielt haben. Dabei kann jeder Interessierte selbst darüber nachdenken, wie es in ferner Vergangenheit wohl gewesen sein könnte.
Das früher nicht so massive Kennzeichen  musste im Laufe der Zeit auch immer mal wieder erneuert werden, weil dieser oder jener  Zeitgenosse es zerstörte oder mitgenommen hat. Eine überdachte Sitzgruppe lädt heute den Vorbeikommenden  zum Verweilen ein. Es fehlt leider eine Informationstafel mit einer Beschreibung dieser markanten Örtlichkeit.

Anmerkungen:
(1) Der  keltische „Asenberg“ erhielt seinen  heutigen Namen „Kreuzberg“ erst nach der Christianisierung der dortigen Region. Vermutlich umschloss  der Ringwall auf dem Gipfel einen heidnischen Kultort, der für die Kirche Anlass zur Errichtung einer christlichen Kapelle und späteren Klosters bildete.
(2) Der Name Kohlberg hat nichts mit Kohl oder Kohle zu tun, wie das in der Literatur oft behauptet wird. Der Name kommt tatsächlich aus dem keltischen oder vordeutschen „col, colg“ was „steiler Aufstieg, Steige, Abhang bedeutet.

Quellen:
Autorengemeinschaft Chronik Suhl e.V.
Sammlung v. .G. Heß

Dieser Beitrag wurde in den „Schleusinger Blätter“ Ausgabe 9/2012 in gekürzter Form veröffentlicht.

Einwurf des Blog-Redakteurs:
Flurnamen mit Hand gibt es mehrere Dutzend im deutschsprachigen Raum. Allen ist gemeinsam, dass sie auf einer wasserscheidenden Altstraße und an einer Wegekreuzung mit fünf Abzweigungen (5 Finger einer Hand) liegen. H.K.