Mittwoch, 10. Oktober 2018

Odoaker - Rom-Bezwinger und Sohn des ersten Thüringer Königs


Odoaker als König von Italien und Thüringen
Erinnern sie sich noch an den Finsterling Odoaker? Jener primitive Germanenhäuptling, der im Hollywoodfilm „ Die letzte Legion“ den weströmischen Kinderkaiser stürzte und damit dem größten und langlebigsten Reich der Antike den Todesstoß versetzte? Dabei war Odoaker nicht nur ein cleverer Heerführer, sondern auch ein genialer Staatsmann. 17 Jahre scheint er ein Reich von Italien bis Mitteldeutschland regiert zu haben. Und, was die wenigsten wissen: Er war Thüringer! Der Vernichter des Imperium Romanum ein Mann aus dem Erfurter Becken? Leider wird das alles nicht von der etablierten Wissenschaft anerkannt. Doch lassen wir die Fakten sprechen:
Es gibt nur ein Bild von ihm als späterer König von Italien auf einer Münze aus Ravenna. Der heute touristisch kaum bekannte Ort an der Adria glänzt vor allem durch den typischen spätrömischen Backsteinstil. Er war Jahrhunderte lang die Hauptstadt nicht nur des weströmischen Reiches, sondern auch dessen Nachfolgerstaaten.
spätrömisches Ravenna
Hauptgrund soll die vermeintliche Sicherheit der völlig mit Wassern umschlossenen Lagunenstadt gewesen sein. Hier regierte Odoaker von 476 bis 491 ein buntes Völkergemisch, das gerade durch jahrzehntelange Kriege und Aufstände gegangen war. Der fremde Germanenfürst arrangierte sich nicht nur mit der römischen Oberschicht, er versorgte auch seine thüringische, skirische und herulische Kiegerschar mit Land, und besänftigte den mächtigen Kaiser im oströmischen Konstantinopel. So übernahm er römisches Recht, Verwaltung und Kultur. Eine Blütezeit für das krisengeschüttelte Land. Passt das ins Bild eines dumpen Wüterichs?
Odoaker war der Sohn einer Skirin und des Thüringer Fürsten Edekon. Von ihm ist keine Abbildung bekannt. Trotzdem sehen nicht wenige Historiker in ihm den ersten namentlich bekannten Thüringer König.
Hunnenkönig Attila
Er war ein Vertrauter des Hunnenkönigs Attilla, dessen zentralasiatisches Reitervolk ja bekanntermaßen ab 375 ganz Europa aufgemischt und verschiedene Germanenstämme unterworfen bzw. in die Flucht geschlagen hatte. An der Theiß im Karpatenbecken hatten sie sich festgesetzt. Wahrscheinlich war um 400 auch die Thüringer Ethnie als Unterstamm der Goten von den Karpaten ins Thüringer Becken gedrängt worden. Um 407 jedenfalls verschwindet das karpatische Volk der sog. Terwingen aus dem Blickwinkel der Schreiberlinge im oströmischen Konstantinopel, und gleichzeitig taucht bei Historikern in Rom der Name der Thüringer in Mitteldeutschland auf. Angeblich damals ein altes Volk! Odoaker wuchs gemeinsam mit seinem Bruder Hunulf am Hunnischen Königshof im heutigen Ungarn auf. Typisch: Unterworfene Könige mussten damals immer ihre Kinder als Geiseln an den Sieger abtreten, wohlbehütet selbstverständlich. Diese Tatsache sowie die archäologische und geografische Situation führten zu der eben genannten These, dass Thüringer und Terwingen identisch waren und ihr Reich damals vom Rhein bis in die Karpaten gereicht haben muss. Die Hunnen scheinen dabei nur den östlichen Teil kontrolliert zu haben.
Terwingen als Vertriebene der Hunnen

Wie dem auch sei: Odoaker und Hunulf haben so sicher auch am hunnischen Gallienfeldzug im Jahre 451 gegen das römische Reich teilgenommen, denn die Thüringer wurden als Verbündete der Hunnen gegen Rom aufgezählt. Auch bei der Schlacht auf den Katalaunischen Feldern und bei der Invasion Norditaliens ein Jahr später könnten sie dabei gewesen sein.
Nach dem mysteriösen Tod Attilas 453 erkämpfte sich der Thüringer Edekon jedenfalls die Vorherrschaft im Hunnenreich gegen dessen führungsschwache Söhne.
Die Hunnen in Europa
Es musste es zwar mit den ostgotischen Gepiden teilen, aber die Fläche erstreckte sich immer noch über große Teile Osteuropas. So etwas lässt sich nur als König regieren, was aber nirgendwo geschrieben steht. Dieses Reich - das man ja als Thüringisch bezeichnen kann - ging allerdings 15 Jahre später in einer Schlacht gegen die Ostgoten wieder verloren. Edekon fiel 469 in diesem Kampf, die übriggebliebenen Krieger verdingten sich als römische Söldner. In weiser Voraussicht ging Odoaker ins weströmische Ravenna und sein Bruder Hunulf ins oströmische Konstantinopel. Dort schaffte es dieser bis zum Heerführer.
Thüringer als Verbündete der Hunnen

Odoaker hingegen kam als Offizier der Leibwache des weströmischen Kaisers in das Machtgerangel und das Chaos des untergehenden Römischen Reiches. Dort hatte Orestes - früher ebenfalls ein Vertrauter Attilas - den letzten offiziellen Kaiser Westroms ab- und seinen minderjährigen Sohn Romolus eingesetzt. Es gab kein reguläres römisches Heer mehr, das Reich war den germanischen Hilfstruppen vollkommen ausgeliefert. Da konnte es schon mal vorkommen, dass diese mehr Sold forderten. Sie meuterten 476, wählten Odoaker zu ihrem Anführer und töteten Orestes, als letzten römischen Heermeister. Kinderkaiser Romolus wurde hingegen als fürstliche Geisel verschont und scheint, wie im eingangs genannten Film, noch lange gelebt zu haben.
Odoaker ließ sich als König von Italien in Ravenna krönen und machte Bruder Hunulf zu seiner rechten Hand. Er schaffte Ordnung im Land und sorgte als Arianer für ein gutes Verhältnis zur römisch-katholischen Kirche.
Thüringen und Italien unter Odoaker
Die hohe Kultur der Spätantike wurde also nahtlos fortgesetzt. Zwar unterwarf er sich formell dem oströmischen Kaiser in Konstantinopel, expandierte aber gegen dessen Interessen in andere germanische Gebiete: Er pachtete Sizilien von den Vandalen, eroberte Dalmatien und Noricum. Odoaker wird gleichzeitig - und historisch erstmals - als König von Thüringen genannt und hat so sicher auch wieder eine gemeinsame Grenze mit dem uns bekannten Thüringer Reich in Mitteldeutschland erzwungen. Die soll an der Donau bei Regensburg gewesen sein.
Doch in Konstantinopel zog man bereits die Fäden: 489 griff der Ostgotische König Theoderich Italien an.
Theoderich der Große als Sieger der Geschichte
Er konnte bereits die ersten Gemetzel für sich entscheiden und belagerte ab 491 Ravenna. Ausbruchsversuche misslangen, Hunger drohte und 493 schloss Odoaker einen Friedensvertag mit Theoderich. Nach dessen Einmarsch in Ravenna lud er seinen Widersacher zu einem Versöhnungsmahl ein. Dort hat er Odoaker eigenhändig ermordet. Ein üblicher Vorgang damals! Theoderich - später der Große - übernahm aber die gemäßigte Politik seines Vorgängers. Er ließ zahlreiche Gebäude in Ravenna bauen und sorgte für friedliche Beziehungen zu seinen Nachbarn. Auch zum verbliebenen Rest des Thüringer Reiches im Norden. Erst jetzt, wo Odoaker tot war, taucht in den schriftlichen Quellen der Gallorömer die Thüringische Königsdynastie in Mitteldeutschland auf, beginnend mit Bisinius. Alleine schon diese Tatsache spricht für ein davor existierendes Großreich der Thüringer, erst unter Vater Edekon und später unter Odoaker, der - nach einer Pause unter Attila - noch Italien dazu brachte. Es muss der größte Staat der Spätantike gewesen sein, größer als Ostrom. Leider nicht so stabil. Der Analphabet Odoaker aber hat das nirgendwo aufschreiben lassen und so musste es in Vergessenheit geraten.
Thüringer Könige als Verbündete 
Theoderichs


Thoderich in Ravenna war schlauer. Bei ihm wurde alles notiert. Auch dass er seine Nichte Amalaberga mit dem Thüringer König Herminafried verheiratete, dem Sohn des Bisinius. 33 Jahre regierte er Italien und ließ sich sein erstaunlich modern anmutendes Grabmal in Ravenna errichten. Er gehörte zu den Siegern der Geschichte.
Dem Verlierer Odoaker aber blieb die historische Anerkennung versagt, auch wenn es eine Erinnerungstafel in der Gedenkstätte Walhalla gibt. Bei Altgeschichtlern zählen nur Urkunden, auch wenn man sich hier den Rest leicht zusammenreimen kann. Ihre Skepsis wird mit Rechtschreibung begründet: Thüringen ist eben nicht Toringia oder Therwingen und wer weiß, welch mysteriöses Volk sich da noch alles verbergen kann. Und für Thüringer Größenwahn taugt der spätantike König auch nicht. Denn schon damals ging es nur um das Gerangel einer zahlenmäßig kleinen Oberschicht, die die Massen korrumpierte. Wie heute…

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