Von der einst stolzen Henneburg sind heute nur noch Reste, eben eine Ruine übriggeblieben. Mit dieser ehrwürdigen „einsam trauernden Ruine Henneberg“ wie ein Wandersmann sie beschrieb, beschäftigt sich dieser Beitrag. Sie bedeckt trümmerartig die mit Rasen bedeckte Plattform von 120 mal 60 m des ungefähr 10 km von Meiningen und 6 km von Ritschenhausen, auf der Grenze von Franken und Thüringen sich steil erhebenden Henneberges, der mit Laubwald bewachsen, in fast einer Kegelform 527 m hoch über NN und um 130 m das unter ihm liegende Dorf Henneberg überragt. Trotz seines abgeplatteten Gipfels ist der markante Berg weithin sichtbar und beherrscht um Umkreis eine ausgedehnte, von Bergen, Hügeln und Anhöhen angefüllte Landschaft. Seinen Fuß umringt ein unregelmäßig verlaufender Wallgraben, der jedoch größtenteils fast eingeebnet ist.
Der untere, sanft geneigte Bergabhang, ist nicht bewaldet und wird von Bauern für den Feldbau genutzt. Im Bereich der Höhe, die mit Ahorn und Buchen bestanden ist, sind kleinere Gegenstände aus historischer Zeit gefunden worden (Pfeilspitzen, Nägel, Schlüssel, Steinkugel usw.) Eine Besiedlung des Berges ist schon in der Hallstattzeit (bis 5. Jhd. vor Christus) und im 10/11. Jhd. n. Chr. nachweisbar. Archäologisch fassbare Bautätigkeiten im späten 11. und frühen 12. Jh. lassen einen zeitlichen Zusammenhang mit der erstmaligen Erwähnung des Namens „von Henneberg“ in einer Urkunde von 1096 annehmen.
Die massigen und imposanten Überreste zeugen von der Größe der ehemaligen Burganlage und der unterschiedlichen Gestaltung der einzelnen Gebäudeteile. Die die ganze Burg umschließende Ringmauer vermischt sich zum Teil mit den Wohn-, Dienst, und Wirtschaftsgebäuden.
Diese durchschnittlich 10-15 m über dem Untergrund liegende Außenmauer folgt fast ausschließlich dem Bergrande, verläuft dem Baugelände angemessen vorwiegend in gebogenen Linien, und stützt sich meist auf steil abfallende Felswände, die die Haltbarkeit der Mauer und deren Wehrhaftigkeit erhöhen sollte. Angreifende Feinde konnten hier kaum Fuß fassen, wozu auch der Wallgraben mit seiner ursprünglichen Tiefe von 3 bis 4 m und seinen schroffen Böschungen beigetragen haben mag. Der einzige Zugang zur Burg erfolgte durch das ostwärts gelegene Tor, dessen schwere Flügel sich in zwei mächtige Steinangeln bewegten, die heute noch vorhanden sind. Neben dem im Rundbogen gewölbten Tor, durchbrechen rechteckige Schießscharten den Mauergürtel, die zur Verteidigung des Platzes vor der Zugbrücke dienten. Der stattlichen Pforte gegenüber, erhebt sich auf einer kleinen Anhöhe ein ruinenhafter Mauerstumpf, der unstreitig als Überbleibsel von einem Vorwerk, das als Torschutz diente, anzusprechen ist.
Nachdem das Tor durchschritten ist, kommt man zunächst auf einen freien Platz, eingeschlossen von einer nur noch trümmerhaft vorhandenen Quermauer. Dieser vorhofartige Raum wird der „Zwinger“ genannt. In den Dörfern der Umgebung ist er allerdings als „Schillersruhe“ bekannt, weil der jugendliche Dichter, der u.a. „Die Räuber“ geschrieben hat, während seines Aufenthaltes im nahen Bauerbach vom 7.12. 1782 bis 20.7.1783 hier so manche Mußestunde beschaulich verbracht haben soll.
Die einzelnen Gebäudegruppen der Burg mit ihren Räumen und deren damalige Nutzung, lässt sich nur noch teilweise mit Sicherheit feststellen.
Auch die vorhandene Grundrisszeichnung der Burg, muss mit Vorsicht betrachtet werden, weil sie erst 1880/1883 von Regierungsbaumeister Abesser, auf Grund von freigelegten Mauerpartien, die heute wieder mit Erdreich bedeckt sind, angefertigt wurde.
Ein altes Protokoll über die im Jahre 1432 erfolgte Teilung der Burgräume „zu Henneberg offe dem Slosze“, (Henneberger Urkundenbuch VI. S 233) berichtet von der „behusung unter dem sale“. Dieser Saal lag der Toreinfahrt gradlinig gegenüber. Von diesem Saal, dem „Palas“, dem Hauptzimmer des Bergschlosses, steht nur noch die hohe Hinterwand, von zwei Fensteröffnungen durchbrochen. Dieser Saal hatte einen Kamin, mit der die „Kemenate“ beheizt werden konnte. (Kemenate“ = beheizbares Gelass)
Diese teilweise verschüttete Feuerstätte ist noch an der Westwand zu erkennen, aber auch der schornsteinartige Rauchkanal, der als Ruinenteil kantig emporsteigt. Ein runden Turm, der ein Teil der 1,35 m dicken Mantelmauer ist und der den Burghof 5 bis 6 m überragt, ist erhalten geblieben. Seine Außenseite tritt aus dem Mauerrings deutlich hervor, er diente ursprünglich als Wachturm, von dem aus man weit ins Land schauen konnte. Der auf dem Grundriss als „Speisegewölbe“ bezeichneten Raum wird in dem o.g. Teilungsbericht von 1432 „die kuche und die alte stube“ genannt. In der ehemaligen Küche hatte man im Bereich der Burg gefundene altertümliche Gegenstände aufbewahrt, sie wurden bei einem Einbruch gestohlen, obwohl der Eingang vergittert war.
Die Burgkapelle war der heiligen Katharina geweiht. Sie war ein saalartiges Geschoss mit einer Balkendecke, das mit Ausnahme des Chores, von dem man nur noch den achteckigen Sockel aus dem Rasen hervorragen sieht, in ein Gebäude hinein gebaut worden. Drei Reste einer Bogenstellung, die in unmittelbarer Nähe in einer Linie hintereinander stehen, sind als oberer Teil von Pfeilern anzusprechen, die ursprünglich eine Wand zu tragen hatten, die 1878 bei einem Sturm eingestürzt und zertrümmert worden ist. Viele der Steine wurden nach Henneberg geschafft, wo sie beim Erweiterungsbau der oberen Schule 1880/81 – wahrscheinlich auch beim privaten Häuserbau - eingesetzt wurden.
Das rechts und östlich vom Palas bis zum Tor ausladende Burgrevier bestand aus dem Hofstaat, aus den Stallungen und Knechtstuben, sowie aus den Scheunen. Auf der Hofstätte war auch der heute noch vorhandene Ziehbrunnen. Wo Keller und Backofen waren, ist dagegen nur noch durch Bodenvertiefungen zu erkennen.
Jedem Besucher wird vor allem das Turmmassiv im Burghof ins Auge fallen. Es ist der sogenannte Bergfried, der Kernpunkt und Hauptteil einer jeder Ritterburg war, und der heute noch eine stattliche Höhe von fast 15 m aufweist. Das Untergeschoß des mächtigen Bergfrieds ist romanischen Ursprungs und deutet auf einen weitgehenden Umbau der Befestigungsanlage im 12./13. Jh. hin. Der kolossale Rundbau besteht aus mächtigen Quadern und war vormals noch mit zwei Geschossen aus Holzfachwerk erhöht, die jedoch im Bauernkrieg (1525) der rücksichtslosen Zerstörung anheim fielen. 1797 ließ Herzog Georg I. von Sachsen- Meiningen eine türartige Öffnung zur ebenen Erde in das massive Steingefüge brechen, um einen Zugang in sein Inneres zu schaffen, denn der ursprüngliche Zugang befand sich hoch oben am Bergfried. Der Innenraum des Turmes hatte einen Durchmesser von 6,92 m. Im Turm befand sich auch das sog. Burgverlies, das mit einem Kuppelgewölbe nach oben abgeschlossen war und in dem sich das Einsteigloch befand. Die Außenwand hat außerdem ein Lichtloch, das oft irrtümlich als Schießscharte angesehen wird.
Der Bergfried diente als letzter Zufluchtsort, wenn die Burg verloren ging. Sein Eingang im oberen Stock wurde durch eine Leiter oder eine lose Holztreppe ermöglicht, die dann nachgezogen wurde. Herzog Georg I. ließ ihn durch eine eiserne Wendeltreppe besteigbar machen. Bei einer Besichtigung sollte man auch die steinernen Burgreste von außen besichtigen, um die Mächtigkeit der altersgrauen Mauer auf sich wirken zu lassen. Geradezu bewundernswert ist die ungemeine Festigkeit des beim Bau der Burg verwendeten Mauerkalks, der sich steinhart, fast wie der heutige Beton, ausnimmt.
Über die Zeit der Entstehung der Burg auf dem Henneberg schweigt sich die Geschichte aus. Nach Spangenberg soll sie „ungefehr umb das Jahr Christi 455“, ja lt. Notiz des Meininger Chronisten S. Gueth schon im Jahr 438 erbaut worden sein, was natürlich ins Reich der wuchernden Fabeln gehört, wie auch die unverbürgte Erzählung, dass ein reicher, edler Römer aus Italien kommend im heutigen Unterfranken festen Fuß gefasst habe und als eigentlicher Gründer der Burg in Betracht komme. Es gibt einige Legenden um die Henneburg.
Im Jahr 1037 tritt uns zum ersten Mal ein „Graf von Henninberc“ entgegen, und zwar Poppo I., der jedoch in der Schlacht bei Mellrichstadt 1078 fiel, als er für die Sache des Kaisers Heinrich IV. gegen Rudolf von Schwaben kämpfte. Allgemein wird er als Stammvater der Henneberger Grafenlinie angesehen.
Als einer der Beherrscher des ausgedehnten Grabfeldgebietes wird er den Bau einer festen Burg auf dem Henneberg für ratsam gehalten haben, weil sie die hier vorbeiführende Heerstraße von Würzburg nach Meiningen beherrschte. Meiningen gehörte zu dieser Zeit noch dem Bistum Würzburg, mit dem die Henneberger 20 Jahre lang eine Fehde austrugen.
Als Residenz gewann die Henneburg offenbar unter Graf Poppo VII. (1190. 1242) an Bedeutung und sie erlebte in der 1. Hälfte des 13. Jhd. ihre Glanzzeit. Die Burg blieb trotz der Verlegung des
hennebergischen Machtschwerpunktes an die untere Schleuse (Gründung des Kloster Veßra und Ausbau Schleusingens mit der Bertholdsburg als Residenz) und zunehmender Randlage, zumindest zeitweise Wohnsitz der Grafen. Sie hatte nunmehr vor allem militärische Aufgaben zu erfüllen, wurde später auch Verwaltungsmittelpunkt der Burgvogtei und des nachfolgenden Amtes Henneberg
Das schon erwähnte Übereinkommen von 1432 zur Teilung des Schlosses in jeweils zwei Wirtschaftsgebilde geschah offensichtlich nachdem die Grafen von Henneberg (nach 1274) die Burg verlassen, sie nicht mehr als ständiger Wohnsitz nutzten, sie andere Residenzen bezogen hatten und meist in Schleusingen, Römhild, Schmalkalden und Untermaßfeld Hof hielten. Die Burg stand nunmehr unter der Verwaltung tatkräftiger Burgmannen, die ihr "Wehr- und Schirm" angedeihen lassen sollten. Als Lehnsritter auf der Burg wurden unter anderem genannt: ein von Truchseß, von Ostheim, von Bibra, von der Kehr.
Im Bauernkrieg wurde die Henneburg, deren militärische Bedeutung weiter abgenommen hatte, am 13. Mai 1525 vom Bildhäuser Bauernhaufen kampflos eingenommen. Sie ging am 20. Mai 1525 in Flammen auf, ein Schicksal, das in der Grafschaft 166 Fürsten- und Rittersitze traf. Die Burg wurde später offenbar nur teilweise wieder hergerichtet.
Nach dem Tod des letzten Schleusinger Grafen Georg Ernst 1583, der sich zum Sterben nach Henneberg begeben haben soll, setzte sich der Verfall der Burg fort, so dass sie spätestens seit dem 30-jährigen Krieg unbewohnt war. Herzog Georg I. von Sachsen-Meiningen (1782-1803) widmete der Ruine etwas mehr Aufmerksamkeit, aber auch er ließ nur wenige Sicherungs- und Sanierungsarbeiten durchführen.Durch ihre Lage im DDR-Grenzgebiet fast ein halbes Jahrhundert gesperrt, ist die Henneburg erst seit 1989 wieder öffentlich zugänglich. Archäologische Grabungen sollen genauere Aufschlüsse zur Baugeschichte ergeben und die Untersuchungen Friedrich Tenners aus den 1930-er Jahren ergänzen.
Quelle: Henneberger Heimatblätter. Auf den Spuren der Henneberger, T. Witter, G. Wölfing 1996
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