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Gethles, in einem flachen Höhental |
Gethles, Ahlstädt, Neuhof, Bischofrod, Eichenberg, also die den südlichen Kreisteil bildenden Ortschaften sind, wie wir bereits berichteten, von den wolkenbruchartigen Regen am Dienstag schwer heimgesucht worden. Die Fluren, vor kurzem noch in frischem, prangendem Grün des Frühlings, die Felder alle wohl bestellt, bieten einen trostlosen Anblick. Stellenweise ist der Mutterboden völlig weggeschwemmt, so dass nur noch Ödland übrig geblieben ist. Die tiefer liegenden Felder sind mit Schlamm bedeckt und an den Hängen hat das Wasser tiefe Gräben gezogen.. Die Arbeit eines Herbstes und eines Frühjahrs ist umsonst gewesen.
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unbefestigte Dorfstraße bis 1961 |
Am meisten von den genannten Orten hat Gethles gelitten. Während anderswo auch einzelnen Gehöfte betroffen und hier und da Sachschäden angerichtet wurden, hat dort die Gewalt des Wassers unheimlich gewirkt. Sonst fliest durch den Ort weder ein Fluss noch ein Bächlein, lediglich Gräben sind vorhanden zum Abfluss des Regenwassers. Am Dienstag standen die Straßen 70 Zentimeter hoch unter Wasser. Sie wurden teilweise bis auf die Kanalisationsröhren aufgerissen und Steine von erheblichem Umfang wurden einfach weggeschwemmt. Der Dorfplatz ist eine einzige Geröllhalde, ebenso sind die Wassergräben im gesamten Ortsbereich tief ausgespült, die Einfassungen fortgerissen. Gartenzäune und andere Hindernisse wurden von der Gewalt des Wassers beseitigt.
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richtige Kanalisation erst seit der Überschwemmung |
Besonders bei dem gegen 9 Uhr niedergehenden zweiten Unwetter herrschte eine unheimliche Stimmung. Blitze zuckten und erhellten die dunkle Nacht. Die schweren Einschläge gingen bis auf wenige Ausnahmen meist in den umliegenden Wald. Die Wassermassen in den Straßen brausten und gischten, überall in den Kellern quirlte und gluckste es. Das unruhig gewordene Vieh rüttelte an seinen Ketten, und es war gut, dass seitens des stellvertretenden Landrats die Feuerwehren des Umgebung und die Arbeitsdienstabteilung 2/233 herbeigerufen wurden, die denn auch tatkräftige Hilfe leisteten. Vor allem waren es die Männer des Reichsarbeitsdienstes, die überall nützliche Arbeit verrichteten.
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Straßenbau, Melioration und Klima ordneten mit der
Zeit die Verhältnisse
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So galt es unter anderem ein Haus wegen Einsturzgefahr zu räumen, außerdem musste in vielen Fällen das Vieh aus seiner verzweifelten Lage in den Ställen befreit werden, was glücklicherweise überall gelang.
Am Donnerstag Vormittag und auch noch am Nachmittag fanden wir die Einwohnerschaft und den Reichsarbeitsdienst fleißig bei der Arbeit. Es galt den Schlamm aus den Häusern, Ställen, Kellern und Höfen zu entfernen, Wasser umzuleiten, die größten Schäden auf den Straßen zu beseitigen usw.. Trotz der schweren Nacht, die die Einwohner hinter sich hatten, und trotz der Schäden, die fast alle an ihrer Habe erlitten hatten, sah man keinen untätig oder mit hängendem Kopf. Alle griffen wacker zu. Es wird Wochen dauern, bis alle Spuren des Unwetters verwischt sein werden.
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Der einst überflutete Dorfplatz 2002 |
Außer dem stellv. Landrat Pg. Reitz weilte auch Dr. Stöhr von der Wirtschaftsberatungsstelle Schleusingen, ferner Amtsvorsteher Kummer in Gethles. Überall wurden die Flurschäden aufgenommen, der Bedarf an Saatgut festgestellt und die zu ergreifenden Maßnahmen erwogen in dem Bewusstsein, dass hier schnelle Hilfe und rasches Handeln viel Schaden gutmachen können.
Sehr beachtlich sind auch die Schäden, die an dem Bahndamm der Eisenbahnstrecke Themar- Schleusingen entstanden sind. Auf diese Bahnstrecke treffen mehrere Täler, die sich von dem hochgelegenen Gethles und von Neuhof her auf den Bahnkörper hinabziehen. Diese schmalen Seitentäler brachten gewaltige Wassermassen mit herunter, die den Bahndamm überfluteten und den Schotter des Bahndammes wegspülten, so dass die Gleise frei in der Luft hingen. Auch hier war an mehreren Stellen Reichsarbeitsdienst neben Kräften der Reichsbahn eingesetzt, um unverzüglich die Ausbesserung der Strecke vorzunehmen.. An der Stelle, wo der Roßbach, der von Neuhof herunterkommt auf die Bahnstrecke trifft, ist nicht nur die Gleisanlage unterspült, sondern das Wasser hat dort auch einen Teil einer steinernen Straßenbrückenmauer glatt umgelegt, obwohl die Mauer aus ziemlich großen Steinen besteht. Diese Schadenstelle befindet sich halbwegs zwischen Zollbrück und Kloster Veßra.
Bei all dem Unheil, das angerichtet wurde, muss es als großes Glück betrachtet werden, dass sowohl alles Vieh in Sicherheit gebracht werden konnte, als auch dass keine Menschen in Gefahr gekommen sind. Die Wassermassen konnten dank der günstigen Lage des Ortes nach verschiedenen Seiten abfließen , so daß keine großen Stauungen mit ihren bekannten verheerenden Folgen eingetreten sind. Trotzdem sind diejenigen, die von dem Unwetter betroffen wurden, wegen des von ihnen erlittenen Schadens sehr zu bedauern.
Quelle: Suhler Zeitung 8. 5. 1936
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