Dienstag, 26. September 2017

Der Schwedenkönig Gustav Adolf in Mitteldeutschland (1630 - 1632) von C.A.

Gustav Adolf
Der Notschrei der im 30- jährigen Krieg hart bedrängten evangelischen Truppen Deutschlands fand bekanntlich beim König der Schweden Gehör. Er beschloss den deutschen Glaubensbrüdern Hilfe zu bringen. Bereits am 4. Juli 1630 landete er mit einem Heer von 18 000 Mann auf der Insel Usedom. Das Eingreifen Gustavs II. Adolf geschah aber nur zum Teil aus religiöser Solidarität. Es ging auch gegen den deutschen Kaiser und die Sicherung der schwedischen Machtstellung an der Ostsee. Am 20. Juli zog er in Stettin, der Hauptstadt Pommerns ein. Er kündigte an, dass er Pommern als Pfand behalten wolle, wenn die von Herzog Bogislaw versprochenen Gelder nicht eingingen.
Kurfürst Johann Georg von Sachsen
Um zu verstehen, was sich in den nächsten 2 Jahren in Deutschland abspielte, muss man wissen, dass der eigentliche ideologische Feind Gustav Adolfs nicht Kaiser Ferdinand war, sondern Johann Georg von Sachsen. Seine Feinde waren nicht die Katholiken, sondern alle, die für die Festigung Deutschlands eintraten. Ihr Führer war Herzog Johann Georg.
Der Weiter- und Durchzug wurde ihm aber vorerst von den misstrauischen deutschen Landesfürsten und dessen Furcht vor dem mächtigen deutschen Kaiser Ferdinand verweigert. Gustav Adolf überwinterte in Pommern und in der Mark Brandenburg. Er musste aber bereits im Januar 1631 wegen Mangel an Nachschub seinen Feldzug fortsetzen und zog nach Frankfurt an der Oder. Er war am 23. Januar 1631 in Bärwalde, empfing dort die Abgesandten Richelieus und unterzeichnete den seit langen geplanten Bündnisvertrag (Subsidenvertrag) mit Frankreich. (Subsidien = Hilfeleistung durch Geld ) In seinem Kampf gegen die Habsburger beabsichtigte Richelieu sich Gustav Adolf zum Verbündeten zu machen.

Bei allem ging kostbare Zeit verloren, und am 20. Mai 1631 brach das Unheil über das evangelische
Erstürmung Magdeburgs
Magdeburg herein. Nach langer Belagerung eroberte Tilly die Stadt. Seine Truppen waren nicht mehr im Zaum zu halten, sie mordeten und plünderten. Die Stadt wurde in Brand gesetzt. In dem Flammeninferno kamen insgesamt 24 000 Männer, Frauen und Kinder, aber auch viele betrunkene Soldaten Tillys ums Leben. Angesichts des schrecklichen Schicksals von Magdeburg erlaubten schließlich die Kurfürsten von Brandenburg und Sachsen den Durchzug und wurden sogar Verbündeten der Schweden. Vereint gingen sie gegen Tilly vor.
Ende August 1631 erreichte der nordische König an der Spitze seines Heeres das rechte Elbufer bei Coswig. Von da an wandte er sich nach Wittenberg und überschritt am 3. September die Elbbrücke um Tilly zu folgen, der mit seinen Truppen ins Kurfürstentum Sachsen eingefallen war und sich an die Eroberung des Landes machte. In der Lutherstadt wurde der Schweden-König von den Einwohnern herzlich empfangen. Von Wittenberg aus zog das schwedische Heer auf der alten, nach Leipzig führenden Heerstraße durch das Heidegebiet nach Düben, wo sich die sächsischen Truppen des Kurfürsten Johann Georg nur widerwillig den Schweden anschlossen. Gustav Adolf verfügte nun über 26000 Mann Fußvolk, 13000 Reiter und 75 Geschütze.
Tilly
Das Heer der kaiserlichen Armee unter Tilly hatte 25000 Soldaten, 11000 Mann zu Pferde und 26 Geschütze. Am 15. September besetzte Tilly Leipzig und seine Söldner machten ungeheure fette Beute. Trotz seiner Übermacht zögerte Gustav Adolf die Kaiserlichen anzugreifen, weil die sächsischen kurfürstlichen Söldner nicht gut ausgebildet und wenig zuverlässig waren. Auf Drängen des Kurfürsten Johann Georg brach das Heer jedoch am 16. September von Düben auf und marschierte in Richtung Leipzig, wo er am 18. September 1631 auf seinen Gegner stieß. In der weiten Ebene des Breitenfeld wurde die blutige Schlacht ausgetragen, bei der das schwedische Heer einen glänzenden Sieg davontrug, obwohl die auf dem linken Flügel stehenden Sachsen bald Reißaus genommen hatten und erst in Eilenburg vom Kurfürsten aufgehalten und wieder gesammelt werden konnten. Tilly, im Kampf verwundet, begab sich nach Halle, wo er sich im Gasthof „Zum goldenen Ring“ von einem Barbier verbinden ließ. Am anderen Tag floh er nach Aschersleben und dann nach Halberstadt. General Pappenheim blieb zurück, um das kaiserliche Heer zu retten. Die Überreste der Armee trennten sich. Tilly wich gegen Süden nach Nördlingen zurück und Pappenheim zog an die Weser, um den Vormarsch der Hilfstruppen des Schwedenkönigs zum Stillstand zu bringen.
Am 19. September 1631 zog Gustav Adolf mit seinem siegreichen Heer über Skeuditz und Merseburg nach Halle, wo er einige Tage blieb und dort mit den Fürsten der Region zusammen traf.
Erfurt
Einer davon, Christian II. von Anhalt-Bernburg, berichtet über den Eindruck, den der Schwedenkönig auf ihn machte: „Er ist eine schöne heroische Person, leutselig und gravitätisch. Der König dankte Gott für seinen Sieg bei Breitenfeld und wünschte, dass sie dem evangelischen Glauben, derweil er keinen anderen Vorteil davon hege als die Ehre Gottes und die Erhaltung der evangelischen Religion. Er wolle gern sterben, wenn nur seine Absicht zu Gottes Ehre gereiche.“
Am 20. September 1631 war Gustav Adolf über Querfurt, Allstedt und Artern bis Leublingen, nördlich von Sömmerda, vorgerückt, wo er vorübergehend rastete, um von hier aus sein eigentliches Ziel, die Stadt Erfurt zu erreichen. Diese bedeutsame Stadt in Thüringen wollte er als festen Stützpunkt für seine Machtstellung in Mitteldeutschland sichern. Über Thüringen war Herr, wer mit hinreichenden Streitkräften die zentrale Stadt des Landes besetzt hielt. Von hier aus konnte man die Saalelinie, die Eichsfeldgrenze, den Harz wie auch den Thüringer Wald gleich gut schützen. Als weiteren Verbündeten gab sich auch Herzog Wilhelm von Weimar zu erkennen.
In Erfurt schlugen zwar die Herzen dem Sieger von Breitenfeld freudig entgegen, doch machte seine Forderung der Aufnahme einer schwedischen Garnison und der Proviantlieferung für das 40000 Mann starke Heer den auf das Wohl der Stadt besorgten Rat der Stadt Erfurt ziemlich bestürzt. Eine Abordnung wurde deshalb ins Feldlager des Königs nach Leublingen und auch nach Weimar zum Herzog entsandt, um weitere Verhandlungen zu führen. Es halfen aber weder Verhandlungen noch Bitten. Am 22. September 1631 hielt Gustav Adolf seinen Einzug in Erfurt, wo Herzog Wilhelm schon die nötigen Vorbereitungen getroffen hatte. Dazu der überlieferte Bericht eines Zeitzeugen:
Der Deutsche Kaiser Ferdinand
“Kopf an Kopf gedrängt, harrte die Volksmenge seit Mittag in den Straßen, welche der König mit seinem Heer vom Andreastor nach dem Domplatz berühren musste. Da dröhnte um die vierte Stunde feierlich ehern ein Willkommensgruß vom Dome herab: Maria gloriosa , die 275 Zentner schwere Glocke, hallt tief ausklingend ihr „Salve“ dem großen König entgegen und im wohlgestimmten Chor fallen alle anderen Glocken ein. Bald mischen sich Drometerfanfaren in jener feierlichen Weise, und jetzt übertönt tausendstimmiger Jubel selbst das Rasseln der Geschütze. An der Spitze seiner finnischen Panzerreiter erblickt man den Heldenkönig. Wie einfach aber doch herzgewinnend seine Erscheinung. Auf seinem Schlachtrosse reitet er daher, mit grauem Hut und grüner Feder, eine kräftige Gestalt im blühenden Mannesalter, wohl um Haupteslänge die anderen überragend. Aus dem Munde der frohbewegten Bürgerschaft erklang es „Heil! Heil!“ und der königliche Gast rief: „Gott mit Erfurt!“ Aus dem bogigen Tore „Zur hohen Lilie“ traten die abgeordneten Ratsältesten hervor, den König zu begrüßen.“
König Gustav Adolf besichtigte die Festungsanlagen der Stadt und gab Befehle an die Offiziere heraus. Etwa ein Viertel der schwedisch- sächsischen Armee war in Erfurt einquartiert, der größere Teil war aber in den umliegenden Ortschaften untergebracht worden. Auch Herzog Ernst der Fromme und seine Brüder, Bernhard, der spätere Führer des sächsischen. Heeres, und Albrecht schlossen in Erfurt, dem Beispiel Herzog Wilhelms folgend, ein festes Schutz- und Trutzbündnis mit Gustav Adolf. 4 Tage blieb Gustav Adolf in Erfurt; die Stadt musste den Vasalleneid auf den Schwedenkönig leisten.

Einzug Gustafs in Schleusingen
Am 26. September 1631 vormittags begann der Weiterzug in Richtung Westen über Arnstadt. Ilmenau, Schleusingen. Rittmeister von Recklingen war mit einer Abteilung voraus geschickt worden, um den Weg über den Thüringer Wald, die sog. Frauenstraße zu erkunden und in Franken die dortigen Fürsten und Stände günstig für Gustav Adolf zu stimmen.
Zwei Kolonnen der verbündeten Streitkräfte, aus 40 Kompanien zu Pferd und etliche Regimenter zu Fuß unter Feldmarschall Horn waren über Gotha nach Meiningen marschiert, nahmen die bisher von den Kaiserlichen besetzte Festung Untermaßfeld, zogen weiter nach Franken und dem besetzten Nürnberg. Der vom König geführte Heereshaufen setzte am 26.9.1631 seinen Marsch von Arnstadt über Ilmenau, Frauenwald nach Schleusingen fort. Am 28. September quartierte sich die oberste Heeresleitung mit Gustav Adolf an der Spitze im alten Residenzschloss in Schleusingen ein. Zwei Tage hatte die schwierige Überquerung des Thüringer Waldes gedauert, weil die Wegverhältnisse überaus ungünstig waren. Vom frühen Morgen bis in die Nacht hinein, beim Schein von Fackeln, die man an die Bäume nagelte, mussten die vordringenden Truppen, erst einmal die Wege in Ordnung bringen und Bahn machen. Mehrere Munitionswagen und Geschütze zerbrachen und blieben liegen. Ernst der Fromme hatte jedoch in Tälern und Schluchten diesseits des Rennsteigs Geschütze und Stückkugeln verborgen gehalten, die nun die Verluste ausgleichen konnten.
In Schleusingen wurden nun diplomatische Verhandlungen von tiefgreifender Bedeutung und kirchenpolitischer Tragweite geführt. Hier warteten in geheimer Mission der Abgesandte Wallensteins, Jaroslaw Sesina Raschin und der böhmische Graf Thun in besonderer Mission auf Gustav Adolf.
Wallenstein
Wallenstein war auf dem Kurfürstentag zu Regensburg vom Kaiser entlassen worden und wollte nun sein eigenes Süppchen kochen, Rachsucht beherrschte seine Politik. Er ließ durch seine Abgesandten die Erklärung überbringen, dass er bereit sei der kaiserlichen Armee, die er zuvor befehligt hatte, im Verein mit Gustav Adolf in Böhmen einen empfindlichen Schlag zu versetzen, nach Wien vorzudringen, beim ersten starken Frost die Donau zu überschreiten, weitere Feindseligkeiten gegen den Kaiser zu eröffnen und ihn dabei aus seinem angestammten Land zu vertreiben. Der französische Minister Richelieu - ein Feind Habsburgs - wäre mit im Bund. Er ging bei diesem Plan von der Voraussetzung aus, dass ihn auch Gustav Adolf unterstützt und ihm 12 000 Mann und 18 Geschütze überlässt. Wallenstein schmiedete damit in Schleusingen ein hochverräterisches Komplott gegen seinen Kaiser. Der Schwedenkönig erklärte gegenüber den Abgesandten Wallensteins sein Einverständnis.
Drei große politische Vordenker, Vertreter der schroffsten Gegensätze untereinander, Gegner auf kirchlichem und politischem Gebiet, wollten die habsburgische Monarchie zu Boden werfen: Ein protestantischer König, nämlich Gustav Adolf, der abgesetzte kaiserliche Generalissimus Wallenstein und ein katholischer Minister-Kardinal, nämlich Richelieu, der schon länger seine Hand dabei mit im Spiele hatte. Es lag schließlich an Gustav Adolf, dass der Plan nicht zur Ausführung kam. Im letzten Augenblick überkamen ihm Bedenken sich Wallenstein unterzuordnen. Wallenstein war ihm zu undurchsichtig und unergründlich; ein Mann mit verräterischen Plänen gegen seinem ihm noch immer wohlgesinnten Kaiser.

Schwedenlager
Von Schleusingen aus knüpfte nun Gustav Adolf mit den evangelischen Adeligen Frankens nähere Beziehungen, indem er mit einem huldvollen Schreiben der gesamten fränkischen Ritterschaft seine fürstliche Gunst und besondere Gewogenheit versicherte.
Danach brach der König mit seinem Heereshaufen von Schleusingen in Richtung Westen auf, zog quer durchs Werratal und erschien am 14. Oktober vor Würzburg. Die Stadt wurde am 18. Oktober eingenommen. Die schwedischen Söldner machten die gesamte Besatzung aus Rache für das Gemetzel in Magdeburg nieder; die Einwohner blieben jedoch verschont. Hanau wurde am 11.11., Aschaffenburg am 22.11. eingenommen und am 27.11. zog er in Frankfurt am Main ein. Schließlich überschritt er bei Oppenheim den Rhein und besetzte Mainz, um hier sein Winterquartier aufzuschlagen.
Bis Weihnachten 1631 hatte der König die Herzöge Wilhelm und Bernhard von Sachsen- Weimar im Dienst seines Heeres, den Landgrafen von Hessen- Kassel und den Herzog von Braunschweig- Lüneburg zu bewaffneten Verbündeten und den Landgrafen von Hessen- Darmstadt, den Regenten von Württemberg, die Markgrafen von Ansbach/Bayreuth sowie die freie Stadt Nürnberg und den fränkischen Kreis unter seinem Schutz.
Plünderungen
Er verfügte innerhalb des Reiches über sieben Heere und beinahe 80000 Mann. Am Rhein standen 15000 unter seinem persönlichen Befehl, in Franken, unter Marschall Horn, 8000, in Hessen 8000, in Mecklenburg 4000, im niedersächsischen Kreis 13000, bei Magdeburg 12000, in Sachsen-Weimar 4000, und der Rest war in Besatzungen über das Land verstreut. Seine Eroberungen machten die Rekrutierung wie auch die Verpflegung eines so gewaltigen Heeres verhältnismäßig leicht.
Der Name des Königs wurde nach dessen Erfolgen in den evangelischen Gebieten Deutschlands mit Freude und Hochachtung genannt; man betete für ihn in den Kirchen. Für den Winter erwartete er auch seine Frau, Königin Marie Eleonora Regina. Sie trafen sich am 22. Januar 1632 in Mainz. Die Königin, eine große, schöne, schlanke Frau, begrüßte den Eroberer, dem sie vor allen Versammelten die Arme um den Hals schlang, mit den Worten: „Nun bist du mein Gefangener.“
Im Frühjahr, am 3. März 1632, zog der König wieder ins Feld. Er ließ Bernhard von Sachsen- Weimar zum Schutz des Rheins zurück und marschierte nach Schweinfurt, um sich wieder mit den Truppen unter Marschall Horn in Nürnberg zu vereinen. Das Heer aus 40000 Mann zog dann nach Süden, das Ziel war Augsburg und damit unvermeidlich Bayern. Tilly zog sich, von Gustav Adolf verfolgt, nach Osten an den Lech zurück, um diese Flusslinie zu halten.
Unterdessen hatte Wallenstein ein neues Söldnerheer von 20000 Mann aufgestellt und lagerte an der böhmischen Grenze. In seiner Not - Gustav Adolf hatte den Lech überwunden und Tilly geschlagen - holte der Kaiser Wallenstein als Heerführer mit allen Machtbefugnissen zurück. Wallenstein, der die Lage auf katholischer Seite völlig beherrschte, griff jedoch Gustav Adolf nicht an, sondern versuchte den Sachsen Herzog Johann Georg auf seine Seite zu bringen und ihn aus Böhmen, das er besetzt hielt, heraus zu locken. Er verweigerte dem Schweden König die Schlacht.
Augsburger huldigen Gustaf
Vorläufig ging aber der Siegeszug des Königs weiter. Am 24. April zog er unter dem Beifall der protestantischen Bürger in Augsburg ein, wo er eine Ansprache an die Bevölkerung hielt. Er verlangte von ihnen den Huldigungseid und monatlich 30000 Taler an Kontribution. Fünf Tage später belagerte er das stark befestigte Ingolstadt, wo der verwundete Tilly im Sterben lag. Nach einer Unterredung mit dem französischen Gesandten, der die bayrische Neutralität gesichert haben wollte und mit Gustav Adolf darüber in Streit geriet, wurde die Belagerung von Ingolstadt abgebrochen und der König stieß, die Franzosen brüskierend, nach Kurbayern hinein. Mitte Mai stand er vor den Toren Münchens. Die Stadt erkaufte sich mit der ungeheuerlichen Summe von einer viertel Million Talern vom Eroberer ihre Schonung.

Der König zog sich danach wieder nach Fürth bei Nürnberg zurück. Nun folgte Wallenstein und bedrohte Gustav Adolfs Stellung. Hier geriet der König in eine schwierige Lage. Sein Heer war stark geschwächt, es war kaum noch Nahrung für Pferde und Söldner vorhanden und die Soldaten starben in Massen. Trotzdem griff er am 3. und 4. September die feindlichen Stellungen an, nachdem er Verstärkung herbeigeholt hatte. Es war vergeblich, er musste sich unter schweren Verlusten zurückziehen. Sein Ansehen schwand sehr schnell, auch wegen der schlechten Zucht unter seinen vor allem deutschen Truppen. Es ging das Gerücht, dass seine Verbündeten ihn verließen. Seine Macht beruhte ja nicht auf seinen eigenen (schwedischen) Untertanen, sondern auf die von Fremden; nicht auf seinem Geld, sondern das Geld der Fremden. Er hatte Deutschland noch nicht sicher in seinem Besitz.
Heereslager
Diese üble Lage versuchte der König im September in Nürnberg zu beseitigen. Er bot Wallenstein Friedensbedingungen an. Er verlangte, dass alle Länder, die jemals den protestantischen Glauben eingeführt hatten, protestantisch bleiben und in allen Ländern des Reiches einschließlich der kaiserlichen, freie Religionsausübung möglich sein müsse. Wallenstein sollte Franken bekommen, Maximilian von Bayern Oberösterreich gegen die Pfalz austauschen, er selbst wollte Pommern, der Kurfürst von Brandenburg sollte Magdeburg und Halberstadt erhalten. Diese Bedingungen zeigten deutlich das Ausmaß der Pläne des Königs. Die Kirche und die Habsburger sollten rücksichtslos ausgeschaltet werden, und ein Reich, in dem weltlichen Fürsten vorherrschen, sollten dem König von Schweden unterstehen. Wallenstein, der sich jetzt auf seine militärische Überlegenheit verließ und wusste, dass die Bündnisse des Königs zusammenbrachen, ging auf diesen Vorschlag nicht ein.
Unterdessen verschlimmerte sich die Lage für das Heer, für Mensch und Tier noch mehr. Der Mangel an Nahrung und Quellwasser vermehrte die Seuchen, die schon immer im Lager geherrscht hatten. Die Reiterei allein war fast um drei Viertel ihres Bestandes zusammengeschrumpft. Das Land war restlos ausgeplündert und gab nichts mehr her. Am 18. September beschloss der König die Stellung auf gut Glück zu verlassen und in Richtung Österreich zu ziehen. Er musste aber seine Pläne bald ändern.
Coburg
Wallenstein zog nämlich, ohne sich dem Kampf mit Gustav Adolf zu stellen, an den oberen Main, berannte die Feste Coburg und bereitete einen verheerenden Einfall nach Sachsen vor. Seine Heerscharen zogen sengend und mordend durch die Saalepforte Richtung Sachsen und auch der kaiserliche General Pappenheim schwärmte wieder nach Thüringen hinein. Es stand ein Angriff der beiden Heere auf Kursachsen bevor. In Eilmärschen eilte Gustav Adolf von Kitzingen her über Schweinfurt, Königshofen und Römhild herbei, traf am 1. Oktober wieder in Schleusingen ein, um auf der Frauenstraße zunächst seinen Marsch nach Erfurt fortzusetzen. Er musste allerdings mehrere Tage in Arnstadt rasten, um die Ankunft der Hauptmasse seiner Armee, die General Knyphusen nachführte, abzuwarten. Von hier schrieb er einen Brief an seinen Kanzler Oxenstierna mit ausführlichen Weisungen zur Verwaltung und Besteuerung der besetzten Länder. Hier traf er auch Herzog Bernhard von Sachsen- Weimar mit seinen Truppen. Am 28. Oktober kam er dann nach Erfurt, wo auch seine Gemahlin Marie Eleonore auf ihn wartete.
Aus abgefangenen Briefen Wallensteins erfuhr der Schwedenkönig, dass die Kaiserlichen Leipzig besetzen wollten. Um das zu verhindern, blieb keine zeit mehr zu verlieren. Beim Abschied empfahl er seine Gemahlin in die Obhut der städtischen Behörden. In Buttstätt machte er Rast. Hier wurden Briefe mit einheimischen Fürsten ausgetauscht. In und abwärts von Kösen querte der König die Saale und am 31. Oktober bezog das Heer bei Naumburg ein festes Lager.
Am 6. November 1632 vereinigten sich die Heere Wallensteins und Pappenheims und diese brachten nun 26000 Mann zusammen. Gustav Adolf hatte nur 16000 Mann, seine Reiterei war schwach und der Sächsische Kurfürst Joh. Georg, der immer zwischen zwei Feuern stand, machte keine Anstalten, sich ihm anzuschließen. Da Wallenstein glaubte, der König würde in dieser Situation keine Schlacht wagen, schickte er Pappenheim mit seinem Heer nach Halle. Diese Gelegenheit durfte sich Gustav Adolf nicht entgehen lassen. Er rückte eilig vor und überraschte die Kaiserlichen, die sich in Lützen, 25 km westlich von Leipzig, verschanzt hatten. Wallenstein sandte Hals über Kopf einen Kundschafter aus, um Pappenheim zurückzuholen.

Massengrab Lützen
Der Morgen des 16. November war klar, aber ab 10 Uhr zog sich über dem flachen Land ein dichter Nebel zusammen. Wallenstein hatte nur höchstens 15000 Mann, die, wie er nachher eingestand, sehr schlecht bewaffnet waren. Der König entfaltete seine Truppen und hatte Lützen links vor sich. Er befehligte selber den rechten Flügel, und Bernhard von Sachsen- Weimar den linken, die Leitung der Schlacht war aber völlig in der Hand des Königs.
Es war gegen 8 Uhr als die Schlacht begann. In den nächsten 2 Stunden kam keines der Heere in Bewegung. Die Schweden machten ein- oder zweimal den schwachen Versuch, Wallenstein aus seiner Stellung herauszuschmeißen. Gegen 10 Uhr griff der König am rechten Flügel die Holkschen Reiter an. Es kam zu einem scharfen Zusammenstoß, bei dem die kaiserliche Reiterei zurück gejagt und die Musketiere aus ihren Stellungen geworfen wurden. Die entsetzten Reserven stoben auseinander und ließen Tross und Zugpferde in Stich. So wogte der Kampf hin und her.
Dann wurde gegen Mittag das herrenlose Pferd des Königs von Schweden gesehen, das wild ausschlagend und durch eine Halswunde vor Schmerz wie toll über das Schlachtfeld raste. Die Kaiserlichen schrien, dass Gustav Adolf gefallen sei und tatsächlich befehligte der König das Heer nicht mehr. Bernhard von Sachsen-Weimar übernahm nun das Kommando. Seine Truppen griffen wieder an, trieben Wallensteins Leute gegen das brennende Lützen zurück und eroberten ein Großteil der feindlichen Geschütze. Auf der rechten Seite eroberten die Schweden, die über den Tod ihres Königs außer sich waren, einige Stellungen der Kaiserlichen und schlugen Pappenheims wilde Reiter in die Flucht. Pappenheim war am späten Nachmittag mit einem Teil seiner Truppen wieder bei Wallenstein eingetroffen und hatten in den Kampf eingegriffen. Er erhielt dabei einen Lungenschuß, an dem er in seiner Kutsche auf dem Weg nach Leipzig starb. Als die Nacht hereinbrach, war die Schlacht entschieden. Wallenstein, von Gicht gelähmt und vor Schmerz und Erniedrigung wütend und aufgebracht, zog sich unter dem Schutz der Nacht in Richtung Halle zurück. Kundschafter versuchten Reste der geschlagenen Truppe zu sammeln.
Der Tod des Schwedenkönigs
In der nasskalten Novembernacht suchten die Schweden nach dem Leichnam ihres Königs. Sie fanden ihn endlich. Er war an einer Schusswunde zwischen dem rechten Ohr und Auge gestorben, wies aber noch andere Wunden auf, einen Dolchstoß und einen Schuss in die Seite, zwei Kugeln im Arm und eine – was wilde Gerüchte von Verrat zu Folge hatte – im Rücken. Er lag auf der feindlichen Seite nackt unter einem Haufen Toter.

Damit war der protestantischen Partei die Seele genommen. Freund und Feind konnten nicht fassen, dass der König tot sei. Die Königin erhielt die Kunde auf der Rückreise nach Schweden. Die entstellte Leiche des nordischen Königs wurde über Weißenfels, Eilenburg, Kemberg, Wittenberg und Spandau nach Pommern gebracht und im Frühjahr 1633 nach Stockholm eingeschifft.
Doch der Krieg in Deutschland ging weiter. Allein die Sachsen hatten die bisherigen Kämpfe mit einem Verlust von fast einer Million Menschen bezahlt, die auch durch Seuchen und Hunger gestorben waren. In Magdeburg hatte Pappenheim die Überreste der Stadt niedergebrannt, als er sie im Frühjahr 1632 räumte und die schwedischen Truppen einzogen. Zu Frankfurt a.d. Oder raffte die durch verwesenden Leichen ausgebrütete Seuche die Überlebenden dahin. Die Schweden hatten die Pest in Stettin und Spandau, in Durlach und Würzburg sowie in Württemberg eingeschleppt. In den Städten lagen die Leichen unbeerdigt auf den Straßen und überall herrschte Hungersnot. Die Ernte war 1632 zwar vielversprechend, aber in Bayern und Schwaben wurde sie von den durchziehenden Truppen niedergetrampelt, in Bayern gab es für das kommende Jahr kein Mahl- und Saatgetreide mehr. Seuchen und Hungersnot vernichteten ganze Dörfer, tollwütige Hunde fielen ihre Herren an, und die Behörden stellten Schützen auf, um die angesteckten Opfer niederzuschießen, bevor sie ihre Mitmenschen anstecken konnten; hungrige Wölfe kamen aus den Wäldern und Bergen, streiften durch die verlassenen Ortschaften, wo sie die Sterbenden und Toten auffraßen.
Das schwedische und auch das kaiserliche Heer waren zusammengebrochen. Abgesehen von der schlechten Disziplin und Zucht der Truppe, plünderten vor allem die Schweden, wie niemand zuvor in diesem Krieg geplündert hatte, um die Hilfsquellen der anderen Seite zu vernichten. Alle Truppen lebten sich überdies in einer gesteigerten Rohheit aus. Sollte der Krieg andauern, schrieb Herzog Joh. Georg, so wird das Reich völlig zerstört werden.
Gustav Adolf konnte in den zwei Jahren die stumpfe Bereitwilligkeit der deutschen Protestanten, vernichtet zu werden, nicht ändern; er konnte zwar das Reich der Habsburger zerschlagen, aber nichts Neues aufbauen, und er ließ die deutsche Politik genauso zurück, wie die deutschen Schlachtfelder: als Scherbenhaufen.
Wallenstein wurde  vom Kaiser 1633 erneut abgesetzt und geächtet, weil er eigenmächtig Verhandlungen mit den Schweden aufgenommen hatte. 1634 wird er in Eger ermordet.
Schlacht bei Nördlingen
Im Laufe des Jahres 1634 verliert Schweden nach der Schlacht bei Nördlingen ganz Süddeutschland. Auch in Franken kommt es nun immer wieder zu Kampfhandlungen und den Durchzug von kaiserlichen und protestantischen Truppen, die sich an Räuberei, Grausamkeit, Mord und Totschlag kaum noch unterscheiden. Das Aufbringen der Verpflegung für die Truppen in einem verhungernden Land war zur Hauptsorge der Kriegführung geworden. Truppenbewegungen konnten nicht mehr nach rein strategischen Erwägungen befohlen werden. Große Heeresteile der einen oder anderen Seite besetzten gewöhnlich einen Landstrich und blieben dort von der Aussaat bis zur Ernte, wobei sie in Gegenden, die zu wenig Bauern hatten, um die Felder zu bestellen, ihr eigenes Getreide ansäten und ernteten und etwaigen Überschuss verkauften. Über ganz Deutschland waren zerlumpte Banden verstreut, die sich nicht um die Sache ihres Feldherrn scherten, sondern bloß die eine Sorge hatten, etwas Essbares aufzustöbern und einen Kampf zu vermeiden.
Dezimierte Bevölkerung
Diese Erscheinungen verursachten die unübersichtlichen Feldzüge im letzten Jahrzehnt des Krieges. Die Kämpfe waren zusammenhangslos und stoßartig. Während die Heere wie kriechende Parasiten das Reich kahlfraßen, plante Kaiser Ferdinand Frieden zu machen. Aber erst 1648 wird, nach vielen weiteren nutzlosen Kämpfen, der Dreißigjährige Krieg durch den westfälischen Frieden beendet. Durch diesen Friedensvertrag wird der Religionskrieg beendet und eine Zeit zunehmender religiöser Toleranz in der Politik eingeleitet. Einher geht das mit einer Schwächung des Reiches durch Zerstückelung in souveräne Herrschaftsgebiete, Niedergang der habsburgischen Vormachtstellung und Aufstieg neuer Großmächte wie Frankreich, Schweden, die Niederlande und Brandenburg. Das Reich war verwüstet und in manchen Gebieten überlebte nur ca. 1/3 der Bevölkerung, was eine soziale Umschichtung und Veränderungen in der Wirtschaftsstruktur bewirkte.


Quellen: Henneberger Heimatblätter Juli 1932, Daten der Weltgeschichte 1992, C.V. Wedgwood: „Der 30-jährige Krieg“ 1990


Anhang:

Gustav II. Adolf
Auszüge aus einer Biografie der Autorin C.V. Wedgwood


Zur Zeit der Landung in Pommern war Gustav Adolf 36 Jahre alt. Er war hochgewachsen, doch ließ seine übermäßige Breitschuldrigkeit ihn kleiner erscheinen. Er hatte männliche schöne Züge, eine frische Gesichtsfarbe, einen rötlich blonden Spitzbart und ebensolche kurz geschorene Haare. Er wurde „Löwe des Nordens“ genannt, weil er derb gebaut und über eine ungeheure Kraft verfügte. Dabei bewegte er sich langsam und ziemlich ungelenk, konnte es jedoch im Gebrauch des Spatens und der Spitzhacke mit jedem Soldaten seines Heeres aufnehmen. Hingegen war seine Haut, soweit nicht vom Wetter gebräunt, weiß wie die eines Mädchens. Er hielt sich aufrecht, jeder Zoll ein König, gleichgültig was er unternahm. Mit den Jahren bekam sein Kopf eine nach vorne geneigte Haltung, und seine kurzsichtigen hellblauen Augen verkniffen sich. Er aß herzhaft und kleidete sich einfach, trug mit Vorliebe das sämischfarbene Lederkoller und den Biberhut des Soldaten und belebte sein Kostüm nur durch eine scharlachrote Schärpe oder einen Mantel von gleicher Farbe. Er nahm sich ebenso gut im Ballsaal wie im Feld aus, was ihn jedoch nicht hinderte, die Strapazen eines Feldzuges mitzumachen. Er schwitzte, hungerte, fror und dürstete mit seinen Soldaten und saß bisweilen fünfzehn Stunden ohne Unterbrechung im Sattel. Blut und Schmutz kümmerten ihn nicht – die königlichen Stiefel hatten bis über die Knöchel in beiden gewatet.
Doch würde man sich irren, wenn man Gustav Adolf, weil er eine Soldatennatur war, für einen einfältigen Menschen hielte. Botschafter, die von seinem zu sorglosen Umgangsformen und der taktlosen Geradheit seiner Meinungsäußerungen entsetzt waren, überwanden ihre anfängliche Abneigung, wenn sie entdeckten, welch angespanntes Denken und brauchbares Wissen sich hinter seinen schnell gefällten Urteilen verbargen. Höflinge, die seine Freundlichkeit missbrauchten, brachten ihn so in Wut, dass sie ihn selten beruhigen konnten. Diener, die sich damit aufhielten, unnötige Fragen zu stellen, wurde barsch befohlen, ihren Auftrag auszuführen, und Gesandte, deren Beglaubigungsschreiben an den König nicht die genaue Aufzählung seiner Titel enthielten, fanden keinen Zutritt, bevor der Fehler nicht gutgemacht war.
Seit seiner frühesten Kindheit für die Aufgaben des Königtums erzogen, hatte er im Arbeitsraum seines Vaters während der Abwicklung von Staatsangelegenheiten gespielt, als er kaum stehen konnte. Mit 6 Jahren war er mit dem Heer im Felde gewesen, mit 10 saß er am Ratstisch und gab seine Meinung kund, und er war noch nicht 20, als er selbst und alleine Gesandte empfing. Er besaß eine oberflächliche Kenntnis von 10 Sprachen, war von einer vielleicht nicht tief gehenden Wissbegierde und hatte eine Vorliebe für angewandte Philosophie; stets hatte er einen Band Grotius bei sich. Nicht einmal Richelieu oder der unter seinen Zeitgenossen so sehr gepriesener Maximilian von Bayern kamen Gustav Adolf als dem in der Verwaltung eines Staates erfolgreichsten Herrscher Europas gleich. Während seiner 19-jährigen Regierungstätigkeit – er wurde mit 17 Jahren König - hatte er die Finanzangelegenheiten Schwedens in Ordnung gebracht, Wohlfahrtseinrichtungen, Spitäler sowie das Post- und Erziehungswesen ausgestaltet und ein sorgsam ausgearbeitetes, erfolgreiches Militärpflichtsystem geschaffen. Er nam ferner die Beseitigung der aus der Untätigkeit des ehrgeizigen Adels erwachsenen Schwierigkeiten dadurch in Angriff, dass er mit dem „Riddarhus“ eine Adelskammer schuf, die der Krone und der Regierung Schwedens gegenüber verantwortlich war. Er war absolut kein demokratischer König; seine politische Theorie war aristokratisch, aber unter seiner Führung des Adels erfreuten sich anderthalb Millionen Menschen in Schweden und Finnland der reibungslosesten Regierung in Europa. Überdies hat er den Handel gefördert und die Nutzung der Naturschätze des Landes, insbesondere des Reichtums der Mineralien, zur Entfaltung gebracht. Schweden besaß die Rohmaterialien zur Herstellung seiner Kriegsausrüstung und bediente sich ihrer auch. Seit Gustav Adolfs Regierungsantritt war fast kein ganzes Jahr Friede gewesen. Unter solchen Umständen ist es kaum verwunderlich, dass die schwedischen Stände im Jahr 1629 einhellig die Mittel für den Krieg in Deutschland bewilligt hatten.
Gustav Adolf widmete sich dem Krieg mit den gleichen begeisterten und abenteuerlustigen Verständnis, das er auch für die Angelegenheiten des Friedens an den Tag gelegt hatte. Er bewunderte den Prinzen Moritz von Oranien und hatte dessen Taktik weiterentwickelt, um aus seinen Truppen das Äußerste an Beweglichkeit und Tüchtigkeit herauszuholen. Er ließ holländische Berufsoffiziere kommen, um seine Truppen im Gebrauch der Artillerie und im Belagerungskrieg auszubilden.
Wie alle großen Führer glaubte Gustav Adolf sowohl an sich selbst, wie auch an seine Sache. Er war der Überzeugung, dass Gott mit ihm sei. Obwohl er lutherisch erzogen war, hatte seine Duldung der Calvinisten unter seinen Untertanen und Verbündeten des öfteren Zweifel aufkommen lassen. Er war aber trotzdem von der Richtigkeit seines eigenen großzügigen Protestantismus überzeugt und konnte nur schwer einsehen, wie jemand mit Gewalt überredet werden könnte, seinen Glauben zu wechseln. Er war gewillt, den Besiegten jeglichen Glaubens zu erlauben, wie in ihren Irrtümern zu verharren.
Sein bester Freund war sein grauhaariger Kanzler Axel Oxenstierna, von dem allein er Rat und Tadel annahm. Er war der Sachkundige, der die hochfliegenden Ideen seines Herren in Tatsachen übertrug. Er verfügte über dieselbe gewaltige Tatkraft, Schnelligkeit im Urteil und geistiger Geschmeidigkeit, über ein gleich gutes Gedächtnis und über eine ebensolche Organisationsgabe. Beide Männer erfreuten sich derselben robusten Gesundheit.
Niemals zuvor hatte Deutschland ein Heer gesehen wie das, mit dem Gustav Adolf landete. Vor der pommerschen Küste ankerten 28 Kriegsschiffe und ebenso viele Transportschiffe mit 16 Schwadronen Reiterei und 22 Kompanien Infanterie samt einem starken Artilleriedetachement, insgesamt 18000 Mann. Es war für Schweden ein kleines Heer, der König warb aber bereits Rekruten in Deutschland. Im Gegensatz zu den angeworbenen buntsprachigen Söldnerhaufen, wussten die Schweden wofür sie Kämpfen sollten. Von den großen muskulösen Männern Südschwedens, bis zu den gedrungenen, dunkelfarbigen Lappländern und den schlanken farblosen Finnen, waren sie alle gleichermaßen Untertanen und Mitkämpfer des Königs. Er war ihr Herrscher, ihr Feldherr und fast ihr Gott.
Gustav Adolf hatte vor seiner Abreise aus Schweden eine Bekanntmachung in fünf Sprachen an die Bevölkerung seines Landes und die Herrscher Europas veröffentlicht, in der er die Unterstützung der protestantischen Sache durch die Schweden rechtfertigte. Er erklärte unter anderem, dass er vergeblich versucht habe, sich mit Kaiser Ferdinand friedlich auseinander zusetzen und da auch die deutschen Kurfürsten ihre eigene Kirche nicht verteidigen wollten, habe er für die Unterdrückten zu den Waffen gegriffen.

Samstag, 9. September 2017

Altes und Neues vom Muppberg

Muppberg
Der Muppberg über Neustadt bei Coburg. Überall wird seine Schönheit, nicht aber seine Geschichte beschrieben. Dabei muss der dominierende Zeugenberg am Fuße des Thüringer Waldes schon immer Menschen angezogen haben. Seit über 100 Jahren vermuten Heimatforscher auf ihm eine prähistorische Wallanlage. Sie wurden aber nicht ernst genommen. 2015 endlich hat ein junger Archäologe den Nachweis erbracht. Phillip Schinkel von der Uni in Würzburg fuhr für seine Masterarbeit nicht nur reichlich Funde ein, er konnte auch mittels modernster Sondierungsgeräte Wallstrukturen nachweisen und ausgraben. Seine Analyse: Während der Spätbronzezeit haben Siedler der Urnenfelderkultur hier eine befestigte Höhensiedlung betrieben. Nun kann man Herrn Schinkel nur danken, dass er sich auch abseits der renommierten Fundplätze um Aufklärung bemüht, allein - das alles war schon bekannt. Es hätte sich nur mal ein Experte ans Zusammentragen machen müssen.
Bronzebeil
Denn immer wieder waren Keramikscherben auf dem Muppberg gefunden worden, die von der Steinzeit bis ins Mittelalter reichen. Sie lagen sogar gesammelt im Spielzeugmuseum Sonneberg. Außerdem waren im Umfeld des Berges mehrere Bronzebeile zu Tage gekommen. 1970 tauchte auf dem Berg sogar ein keltischer Silberdinar auf, aber der zählt bei Archäologen nicht, den könnte ja ein frühzeitlicher Wanderer verloren haben. Selbst eine Grabung des Bayrischen Amtes für Denkmalpflege, die 2013 Wallschüttungen gefunden hatte, konnte niemanden so richtig elektrisieren.
Für die Bewohner zu seinen Füßen aber war die keltische Belegung ihres Hausberges unbestritten. Sagen, Flurnamen, Monstersteine waren für sie ausreichende Belege. Die Silbe Mupp interpretieren Heimatforscher als keltisch für Schwein oder Mücke. Tatsächlich sind Lage, Struktur und Ressourcen der eindrucksvollen Erhebung typisch für die damalige Zeit.
Phillip Schinkel
Um 1200 vor Christus müssen kriegerische Völkerwanderungen Massen an Menschen nach Mitteleuropa getragen haben. Sie scheinen aus dem Westen gekommen zu sein und sich ausschließlich auf Bergen niedergelassen zu haben. Ursache muss ein von Wissenschaftlern ermittelte Klimakollaps gewesen sein, der zur gleichen Zeit stattgefunden hat. Dieser wird auf einen tektonischen Gau der Europäischen Platte zurückgeführt, der extreme Erdbeben, Vulkanausbrüche, Atmosphärenverseuchung und dadurch bedingten Dauerregen hervorbrachte. Jedenfalls änderten die Menschen damals bei uns schlagartig ihren Grabritus und verbrannten ihre Toten nur noch. Diese Rahmenbedingungen brachten einen einheitlichen Typ befestigter Höhensiedlungen hervor. Ein Berg wie der Muppberg mit weitsichtiger Insellage, trockener Hochfläche, weit oben liegender Quelle, steilen Abhängen und erhöht liegenden Ackerflächen ringsum erzeugte eine regelrechte Zwangssiedlung, wie die Experten sagen.
Topograpie am PC
Philipp Schinkel hat den Muppberg vorbildlich mit all seinen Höhenlinien kartographiert, mittels Infrarotscanning die Bäume am Computer „weggerechnet“ und dadurch den Waldboden sichtbar gemacht, durch Geomagnetische Prospektion Hohlräume und Steinkonzentrationen und damit die verfallenen Wallstrukturen der ehemaligen Pfostenmauern nachgezeichnet. All dieser teuren Verfahren, die sonst nur bei sensationsträchtigen Ausgrabungen zur Anwendung kommen, hätte es gar nicht bedurft. Welcher Archäologe aber getraut sich, eine künstliche Fläche auf einem strategisch günstigen Berg, mit einem eigentümlich fremd klingenden Flurnamen, dazu verwitterte ringförmige Steinwälle drum rum und diversen Zufallsfunden im Umfeld als frühzeitliche Siedlung zu klassifizieren?
Der Wall auf dem Muppberg
Dabei kann die zeitliche Einordnung grob aus Struktur und Größe geschlossen werden. Hier hätten sogar die Funde alleine eine genaue Datierung erlaubt. Die schmalen Streifen, an denen Archäologen dann immer graben, erlauben sowieso nur einen eingeschränkten Blick in die Vergangenheit. Schinkel fand z.B. keine speziellen Artefakte aus der Hallstatt- und Latenezeit. Waren die Siedler da oben also in keltischer Zeit wieder verschwunden? Möglich ist das: Um 500 v. Chr. postulieren die Historiker eine regelrechte Südwanderung der Kelten. Allerdings sprechen die im Sonneberger Spielzeugmuseum aufbewahrten Funde eine andere Sprache.
Vortrag imn Sonneberg
Dazu kommt der Kelten-Dinar! Und zur Beruhigung der Kelten-Fans: Die Urnenfelderkultur schuf die Grundlagen für die Kelten, kulturell, sprachlich und siedlungstechnisch. Dass die Menschen damals die Katastrophenzeit überlebt haben zeigt: Weit waren sie von ihren berühmten Nachfahren jedenfalls nicht entfernt.
Schinkel betont im Interview auch immer die Bedeutung von Handel und Verkehr damals für die Schaffung solcher Höhensiedlungen, eventuell als Versorgungsstationen. Tatsächlich wird der Muppberg auf den Höhenzügen ringsum von Urstraßen geradezu eingerahmt. Die alten Sicherheitsposten ziehen sich wie eine Perlenkette an ihnen entlang. Die Anlagen scheinen seit der Bronzezeit funktioniert zu haben, das jedenfalls legen entsprechende Grabhügel und Siedlungsfunde dort nahe. Die kleinen Wachen und Warten, vor allem aber die germanischen Flurnamen zeugen von ihrer Funktion bis ins Frühmittelalter.
Heunischenburg
Einige sind bekannt, wie die Heunischenburg über Burgstall, die vergangenen Burgen auf Kappel und Schlossberg in Sonneberg, aber auch der Alte Schlossberg über Kaltenbrunn, oder Burggrub selbst. Von den meisten aber wird noch niemand etwas gehört haben: Spitzener und Plestener Berg über Fürth, Altvater bei Kemmaten, Weinberg, Hohe Wart und Mahnberg über Rödental, Lauterberg über Oberlauter, sowie Taubelsberg und Görzenberg über Effelder. Dabei braucht man sie sich nur mal anzuschauen. Nach oben genanntem Muster lassen sie sich sogar ungefähr datieren.
Die Altwege, die sie begleiten, können schon als wahre Kontinentalwege bezeichnet werden. Sie kommen als Salzstraße, Hohe und Kupferstraße von Skandinavien herunter, teilen sich beim Aufstieg zum Rennsteig in mehrere Stränge, um von der Hohen Warte in Steinheid und über die Alte Heerstraße bei Spechtsbrunn rechts und links am Tal Sonneberg/ Neustadt vorbei zulaufen.
Urstraßen um den Muppberg
Bei Kümmersreuth treffen sich die beiden Höhenwege wieder mit dem Ziel, in Donauwörth Anschluss an die spätere Via Claudia Augusta Richtung Italien zu finden. Ich bin all diese Strecken metergenau mit dem Fahrrad abgefahren. Überall das gleiche Bild! Alle 20 - 25 Kilometer - dem Tagespensum der Zugtiere - eine prähistorische oder frühmittelalterliche Befestigung. Bei der Heidenstraße von Köln nach Leipzig ist dieses Stationsprinzip lange bekannt. Eine Ost-West-Verbindung existiert auch auf der Hügelkette südlich vom Muppberg: Heunischenburg-Fürth-Weinberg, quasi als Verbindung der beiden Nord-Süd-Hauptstränge. Die Gebrannte Brücke zwischen Neustadt und Sonneberg könnte mit ihrem im Namen enthaltenen Anti-Feuchtigkeits-Prinzip ein Äquivalent zum Knüppeldamm von Untermaßfeld sein. Auch der stammt aus der Bronzezeit!
Und so gibt es Hunderte vergessene Siedlungs- und Altwegestrukturen in Südthüringen und Franken dem einstigen Grabfeldgau. Alleine identifizierbar an Flurnamen, Geländestruktur oder Lage an Urweg. Ihre genaue Datierung können natürlich nur Ausgrabungen, wie die von Herrn Schinkel bringen. Doch wer soll das bezahlen? Wenn man aber kein Geld hat, sie alle auszugraben, könnte man zumindest anfangen, sie zur Kenntnis zu nehmen. Das betrifft vor allem so wichtige Streitobjekte wie die Geba über Bettenhausen oder der Vieretsknock über Hallstadt.
Damit also keine Missverständnisse aufkommen: Ich stelle hier nicht die Archäologie in Frage. Aber in Zeiten wo Rüstung zum Beispiel monetär wichtiger erscheint als Historie, könnte man ja Prioritäten setzen. Denn beide haben sich wechselseitig immer wieder ad absurdum geführt.