Gustav Adolf |
Kurfürst Johann Georg von Sachsen |
Der Weiter- und Durchzug wurde ihm aber vorerst von den misstrauischen deutschen Landesfürsten und dessen Furcht vor dem mächtigen deutschen Kaiser Ferdinand verweigert. Gustav Adolf überwinterte in Pommern und in der Mark Brandenburg. Er musste aber bereits im Januar 1631 wegen Mangel an Nachschub seinen Feldzug fortsetzen und zog nach Frankfurt an der Oder. Er war am 23. Januar 1631 in Bärwalde, empfing dort die Abgesandten Richelieus und unterzeichnete den seit langen geplanten Bündnisvertrag (Subsidenvertrag) mit Frankreich. (Subsidien = Hilfeleistung durch Geld ) In seinem Kampf gegen die Habsburger beabsichtigte Richelieu sich Gustav Adolf zum Verbündeten zu machen.
Bei allem ging kostbare Zeit verloren, und am 20. Mai 1631 brach das Unheil über das evangelische
Erstürmung Magdeburgs |
Ende August 1631 erreichte der nordische König an der Spitze seines Heeres das rechte Elbufer bei Coswig. Von da an wandte er sich nach Wittenberg und überschritt am 3. September die Elbbrücke um Tilly zu folgen, der mit seinen Truppen ins Kurfürstentum Sachsen eingefallen war und sich an die Eroberung des Landes machte. In der Lutherstadt wurde der Schweden-König von den Einwohnern herzlich empfangen. Von Wittenberg aus zog das schwedische Heer auf der alten, nach Leipzig führenden Heerstraße durch das Heidegebiet nach Düben, wo sich die sächsischen Truppen des Kurfürsten Johann Georg nur widerwillig den Schweden anschlossen. Gustav Adolf verfügte nun über 26000 Mann Fußvolk, 13000 Reiter und 75 Geschütze.
Tilly |
Am 19. September 1631 zog Gustav Adolf mit seinem siegreichen Heer über Skeuditz und Merseburg nach Halle, wo er einige Tage blieb und dort mit den Fürsten der Region zusammen traf.
Erfurt |
Am 20. September 1631 war Gustav Adolf über Querfurt, Allstedt und Artern bis Leublingen, nördlich von Sömmerda, vorgerückt, wo er vorübergehend rastete, um von hier aus sein eigentliches Ziel, die Stadt Erfurt zu erreichen. Diese bedeutsame Stadt in Thüringen wollte er als festen Stützpunkt für seine Machtstellung in Mitteldeutschland sichern. Über Thüringen war Herr, wer mit hinreichenden Streitkräften die zentrale Stadt des Landes besetzt hielt. Von hier aus konnte man die Saalelinie, die Eichsfeldgrenze, den Harz wie auch den Thüringer Wald gleich gut schützen. Als weiteren Verbündeten gab sich auch Herzog Wilhelm von Weimar zu erkennen.
In Erfurt schlugen zwar die Herzen dem Sieger von Breitenfeld freudig entgegen, doch machte seine Forderung der Aufnahme einer schwedischen Garnison und der Proviantlieferung für das 40000 Mann starke Heer den auf das Wohl der Stadt besorgten Rat der Stadt Erfurt ziemlich bestürzt. Eine Abordnung wurde deshalb ins Feldlager des Königs nach Leublingen und auch nach Weimar zum Herzog entsandt, um weitere Verhandlungen zu führen. Es halfen aber weder Verhandlungen noch Bitten. Am 22. September 1631 hielt Gustav Adolf seinen Einzug in Erfurt, wo Herzog Wilhelm schon die nötigen Vorbereitungen getroffen hatte. Dazu der überlieferte Bericht eines Zeitzeugen:
Der Deutsche Kaiser Ferdinand |
König Gustav Adolf besichtigte die Festungsanlagen der Stadt und gab Befehle an die Offiziere heraus. Etwa ein Viertel der schwedisch- sächsischen Armee war in Erfurt einquartiert, der größere Teil war aber in den umliegenden Ortschaften untergebracht worden. Auch Herzog Ernst der Fromme und seine Brüder, Bernhard, der spätere Führer des sächsischen. Heeres, und Albrecht schlossen in Erfurt, dem Beispiel Herzog Wilhelms folgend, ein festes Schutz- und Trutzbündnis mit Gustav Adolf. 4 Tage blieb Gustav Adolf in Erfurt; die Stadt musste den Vasalleneid auf den Schwedenkönig leisten.
Einzug Gustafs in Schleusingen |
Zwei Kolonnen der verbündeten Streitkräfte, aus 40 Kompanien zu Pferd und etliche Regimenter zu Fuß unter Feldmarschall Horn waren über Gotha nach Meiningen marschiert, nahmen die bisher von den Kaiserlichen besetzte Festung Untermaßfeld, zogen weiter nach Franken und dem besetzten Nürnberg. Der vom König geführte Heereshaufen setzte am 26.9.1631 seinen Marsch von Arnstadt über Ilmenau, Frauenwald nach Schleusingen fort. Am 28. September quartierte sich die oberste Heeresleitung mit Gustav Adolf an der Spitze im alten Residenzschloss in Schleusingen ein. Zwei Tage hatte die schwierige Überquerung des Thüringer Waldes gedauert, weil die Wegverhältnisse überaus ungünstig waren. Vom frühen Morgen bis in die Nacht hinein, beim Schein von Fackeln, die man an die Bäume nagelte, mussten die vordringenden Truppen, erst einmal die Wege in Ordnung bringen und Bahn machen. Mehrere Munitionswagen und Geschütze zerbrachen und blieben liegen. Ernst der Fromme hatte jedoch in Tälern und Schluchten diesseits des Rennsteigs Geschütze und Stückkugeln verborgen gehalten, die nun die Verluste ausgleichen konnten.
In Schleusingen wurden nun diplomatische Verhandlungen von tiefgreifender Bedeutung und kirchenpolitischer Tragweite geführt. Hier warteten in geheimer Mission der Abgesandte Wallensteins, Jaroslaw Sesina Raschin und der böhmische Graf Thun in besonderer Mission auf Gustav Adolf.
Wallenstein |
Drei große politische Vordenker, Vertreter der schroffsten Gegensätze untereinander, Gegner auf kirchlichem und politischem Gebiet, wollten die habsburgische Monarchie zu Boden werfen: Ein protestantischer König, nämlich Gustav Adolf, der abgesetzte kaiserliche Generalissimus Wallenstein und ein katholischer Minister-Kardinal, nämlich Richelieu, der schon länger seine Hand dabei mit im Spiele hatte. Es lag schließlich an Gustav Adolf, dass der Plan nicht zur Ausführung kam. Im letzten Augenblick überkamen ihm Bedenken sich Wallenstein unterzuordnen. Wallenstein war ihm zu undurchsichtig und unergründlich; ein Mann mit verräterischen Plänen gegen seinem ihm noch immer wohlgesinnten Kaiser.
Schwedenlager |
Danach brach der König mit seinem Heereshaufen von Schleusingen in Richtung Westen auf, zog quer durchs Werratal und erschien am 14. Oktober vor Würzburg. Die Stadt wurde am 18. Oktober eingenommen. Die schwedischen Söldner machten die gesamte Besatzung aus Rache für das Gemetzel in Magdeburg nieder; die Einwohner blieben jedoch verschont. Hanau wurde am 11.11., Aschaffenburg am 22.11. eingenommen und am 27.11. zog er in Frankfurt am Main ein. Schließlich überschritt er bei Oppenheim den Rhein und besetzte Mainz, um hier sein Winterquartier aufzuschlagen.
Bis Weihnachten 1631 hatte der König die Herzöge Wilhelm und Bernhard von Sachsen- Weimar im Dienst seines Heeres, den Landgrafen von Hessen- Kassel und den Herzog von Braunschweig- Lüneburg zu bewaffneten Verbündeten und den Landgrafen von Hessen- Darmstadt, den Regenten von Württemberg, die Markgrafen von Ansbach/Bayreuth sowie die freie Stadt Nürnberg und den fränkischen Kreis unter seinem Schutz.
Plünderungen |
Der Name des Königs wurde nach dessen Erfolgen in den evangelischen Gebieten Deutschlands mit Freude und Hochachtung genannt; man betete für ihn in den Kirchen. Für den Winter erwartete er auch seine Frau, Königin Marie Eleonora Regina. Sie trafen sich am 22. Januar 1632 in Mainz. Die Königin, eine große, schöne, schlanke Frau, begrüßte den Eroberer, dem sie vor allen Versammelten die Arme um den Hals schlang, mit den Worten: „Nun bist du mein Gefangener.“
Im Frühjahr, am 3. März 1632, zog der König wieder ins Feld. Er ließ Bernhard von Sachsen- Weimar zum Schutz des Rheins zurück und marschierte nach Schweinfurt, um sich wieder mit den Truppen unter Marschall Horn in Nürnberg zu vereinen. Das Heer aus 40000 Mann zog dann nach Süden, das Ziel war Augsburg und damit unvermeidlich Bayern. Tilly zog sich, von Gustav Adolf verfolgt, nach Osten an den Lech zurück, um diese Flusslinie zu halten.
Unterdessen hatte Wallenstein ein neues Söldnerheer von 20000 Mann aufgestellt und lagerte an der böhmischen Grenze. In seiner Not - Gustav Adolf hatte den Lech überwunden und Tilly geschlagen - holte der Kaiser Wallenstein als Heerführer mit allen Machtbefugnissen zurück. Wallenstein, der die Lage auf katholischer Seite völlig beherrschte, griff jedoch Gustav Adolf nicht an, sondern versuchte den Sachsen Herzog Johann Georg auf seine Seite zu bringen und ihn aus Böhmen, das er besetzt hielt, heraus zu locken. Er verweigerte dem Schweden König die Schlacht.
Augsburger huldigen Gustaf |
Der König zog sich danach wieder nach Fürth bei Nürnberg zurück. Nun folgte Wallenstein und bedrohte Gustav Adolfs Stellung. Hier geriet der König in eine schwierige Lage. Sein Heer war stark geschwächt, es war kaum noch Nahrung für Pferde und Söldner vorhanden und die Soldaten starben in Massen. Trotzdem griff er am 3. und 4. September die feindlichen Stellungen an, nachdem er Verstärkung herbeigeholt hatte. Es war vergeblich, er musste sich unter schweren Verlusten zurückziehen. Sein Ansehen schwand sehr schnell, auch wegen der schlechten Zucht unter seinen vor allem deutschen Truppen. Es ging das Gerücht, dass seine Verbündeten ihn verließen. Seine Macht beruhte ja nicht auf seinen eigenen (schwedischen) Untertanen, sondern auf die von Fremden; nicht auf seinem Geld, sondern das Geld der Fremden. Er hatte Deutschland noch nicht sicher in seinem Besitz.
Heereslager |
Unterdessen verschlimmerte sich die Lage für das Heer, für Mensch und Tier noch mehr. Der Mangel an Nahrung und Quellwasser vermehrte die Seuchen, die schon immer im Lager geherrscht hatten. Die Reiterei allein war fast um drei Viertel ihres Bestandes zusammengeschrumpft. Das Land war restlos ausgeplündert und gab nichts mehr her. Am 18. September beschloss der König die Stellung auf gut Glück zu verlassen und in Richtung Österreich zu ziehen. Er musste aber seine Pläne bald ändern.
Coburg |
Aus abgefangenen Briefen Wallensteins erfuhr der Schwedenkönig, dass die Kaiserlichen Leipzig besetzen wollten. Um das zu verhindern, blieb keine zeit mehr zu verlieren. Beim Abschied empfahl er seine Gemahlin in die Obhut der städtischen Behörden. In Buttstätt machte er Rast. Hier wurden Briefe mit einheimischen Fürsten ausgetauscht. In und abwärts von Kösen querte der König die Saale und am 31. Oktober bezog das Heer bei Naumburg ein festes Lager.
Am 6. November 1632 vereinigten sich die Heere Wallensteins und Pappenheims und diese brachten nun 26000 Mann zusammen. Gustav Adolf hatte nur 16000 Mann, seine Reiterei war schwach und der Sächsische Kurfürst Joh. Georg, der immer zwischen zwei Feuern stand, machte keine Anstalten, sich ihm anzuschließen. Da Wallenstein glaubte, der König würde in dieser Situation keine Schlacht wagen, schickte er Pappenheim mit seinem Heer nach Halle. Diese Gelegenheit durfte sich Gustav Adolf nicht entgehen lassen. Er rückte eilig vor und überraschte die Kaiserlichen, die sich in Lützen, 25 km westlich von Leipzig, verschanzt hatten. Wallenstein sandte Hals über Kopf einen Kundschafter aus, um Pappenheim zurückzuholen.
Massengrab Lützen |
Es war gegen 8 Uhr als die Schlacht begann. In den nächsten 2 Stunden kam keines der Heere in Bewegung. Die Schweden machten ein- oder zweimal den schwachen Versuch, Wallenstein aus seiner Stellung herauszuschmeißen. Gegen 10 Uhr griff der König am rechten Flügel die Holkschen Reiter an. Es kam zu einem scharfen Zusammenstoß, bei dem die kaiserliche Reiterei zurück gejagt und die Musketiere aus ihren Stellungen geworfen wurden. Die entsetzten Reserven stoben auseinander und ließen Tross und Zugpferde in Stich. So wogte der Kampf hin und her.
Dann wurde gegen Mittag das herrenlose Pferd des Königs von Schweden gesehen, das wild ausschlagend und durch eine Halswunde vor Schmerz wie toll über das Schlachtfeld raste. Die Kaiserlichen schrien, dass Gustav Adolf gefallen sei und tatsächlich befehligte der König das Heer nicht mehr. Bernhard von Sachsen-Weimar übernahm nun das Kommando. Seine Truppen griffen wieder an, trieben Wallensteins Leute gegen das brennende Lützen zurück und eroberten ein Großteil der feindlichen Geschütze. Auf der rechten Seite eroberten die Schweden, die über den Tod ihres Königs außer sich waren, einige Stellungen der Kaiserlichen und schlugen Pappenheims wilde Reiter in die Flucht. Pappenheim war am späten Nachmittag mit einem Teil seiner Truppen wieder bei Wallenstein eingetroffen und hatten in den Kampf eingegriffen. Er erhielt dabei einen Lungenschuß, an dem er in seiner Kutsche auf dem Weg nach Leipzig starb. Als die Nacht hereinbrach, war die Schlacht entschieden. Wallenstein, von Gicht gelähmt und vor Schmerz und Erniedrigung wütend und aufgebracht, zog sich unter dem Schutz der Nacht in Richtung Halle zurück. Kundschafter versuchten Reste der geschlagenen Truppe zu sammeln.
Der Tod des Schwedenkönigs |
Damit war der protestantischen Partei die Seele genommen. Freund und Feind konnten nicht fassen, dass der König tot sei. Die Königin erhielt die Kunde auf der Rückreise nach Schweden. Die entstellte Leiche des nordischen Königs wurde über Weißenfels, Eilenburg, Kemberg, Wittenberg und Spandau nach Pommern gebracht und im Frühjahr 1633 nach Stockholm eingeschifft.
Doch der Krieg in Deutschland ging weiter. Allein die Sachsen hatten die bisherigen Kämpfe mit einem Verlust von fast einer Million Menschen bezahlt, die auch durch Seuchen und Hunger gestorben waren. In Magdeburg hatte Pappenheim die Überreste der Stadt niedergebrannt, als er sie im Frühjahr 1632 räumte und die schwedischen Truppen einzogen. Zu Frankfurt a.d. Oder raffte die durch verwesenden Leichen ausgebrütete Seuche die Überlebenden dahin. Die Schweden hatten die Pest in Stettin und Spandau, in Durlach und Würzburg sowie in Württemberg eingeschleppt. In den Städten lagen die Leichen unbeerdigt auf den Straßen und überall herrschte Hungersnot. Die Ernte war 1632 zwar vielversprechend, aber in Bayern und Schwaben wurde sie von den durchziehenden Truppen niedergetrampelt, in Bayern gab es für das kommende Jahr kein Mahl- und Saatgetreide mehr. Seuchen und Hungersnot vernichteten ganze Dörfer, tollwütige Hunde fielen ihre Herren an, und die Behörden stellten Schützen auf, um die angesteckten Opfer niederzuschießen, bevor sie ihre Mitmenschen anstecken konnten; hungrige Wölfe kamen aus den Wäldern und Bergen, streiften durch die verlassenen Ortschaften, wo sie die Sterbenden und Toten auffraßen.
Das schwedische und auch das kaiserliche Heer waren zusammengebrochen. Abgesehen von der schlechten Disziplin und Zucht der Truppe, plünderten vor allem die Schweden, wie niemand zuvor in diesem Krieg geplündert hatte, um die Hilfsquellen der anderen Seite zu vernichten. Alle Truppen lebten sich überdies in einer gesteigerten Rohheit aus. Sollte der Krieg andauern, schrieb Herzog Joh. Georg, so wird das Reich völlig zerstört werden.
Gustav Adolf konnte in den zwei Jahren die stumpfe Bereitwilligkeit der deutschen Protestanten, vernichtet zu werden, nicht ändern; er konnte zwar das Reich der Habsburger zerschlagen, aber nichts Neues aufbauen, und er ließ die deutsche Politik genauso zurück, wie die deutschen Schlachtfelder: als Scherbenhaufen.
Wallenstein wurde vom Kaiser 1633 erneut abgesetzt und geächtet, weil er eigenmächtig Verhandlungen mit den Schweden aufgenommen hatte. 1634 wird er in Eger ermordet.
Schlacht bei Nördlingen |
Dezimierte Bevölkerung |
Quellen: Henneberger Heimatblätter Juli 1932, Daten der Weltgeschichte 1992, C.V. Wedgwood: „Der 30-jährige Krieg“ 1990
Anhang:
Gustav II. Adolf
Auszüge aus einer Biografie der Autorin C.V. Wedgwood
Zur Zeit der Landung in Pommern war Gustav Adolf 36 Jahre alt. Er war hochgewachsen, doch ließ seine übermäßige Breitschuldrigkeit ihn kleiner erscheinen. Er hatte männliche schöne Züge, eine frische Gesichtsfarbe, einen rötlich blonden Spitzbart und ebensolche kurz geschorene Haare. Er wurde „Löwe des Nordens“ genannt, weil er derb gebaut und über eine ungeheure Kraft verfügte. Dabei bewegte er sich langsam und ziemlich ungelenk, konnte es jedoch im Gebrauch des Spatens und der Spitzhacke mit jedem Soldaten seines Heeres aufnehmen. Hingegen war seine Haut, soweit nicht vom Wetter gebräunt, weiß wie die eines Mädchens. Er hielt sich aufrecht, jeder Zoll ein König, gleichgültig was er unternahm. Mit den Jahren bekam sein Kopf eine nach vorne geneigte Haltung, und seine kurzsichtigen hellblauen Augen verkniffen sich. Er aß herzhaft und kleidete sich einfach, trug mit Vorliebe das sämischfarbene Lederkoller und den Biberhut des Soldaten und belebte sein Kostüm nur durch eine scharlachrote Schärpe oder einen Mantel von gleicher Farbe. Er nahm sich ebenso gut im Ballsaal wie im Feld aus, was ihn jedoch nicht hinderte, die Strapazen eines Feldzuges mitzumachen. Er schwitzte, hungerte, fror und dürstete mit seinen Soldaten und saß bisweilen fünfzehn Stunden ohne Unterbrechung im Sattel. Blut und Schmutz kümmerten ihn nicht – die königlichen Stiefel hatten bis über die Knöchel in beiden gewatet.
Doch würde man sich irren, wenn man Gustav Adolf, weil er eine Soldatennatur war, für einen einfältigen Menschen hielte. Botschafter, die von seinem zu sorglosen Umgangsformen und der taktlosen Geradheit seiner Meinungsäußerungen entsetzt waren, überwanden ihre anfängliche Abneigung, wenn sie entdeckten, welch angespanntes Denken und brauchbares Wissen sich hinter seinen schnell gefällten Urteilen verbargen. Höflinge, die seine Freundlichkeit missbrauchten, brachten ihn so in Wut, dass sie ihn selten beruhigen konnten. Diener, die sich damit aufhielten, unnötige Fragen zu stellen, wurde barsch befohlen, ihren Auftrag auszuführen, und Gesandte, deren Beglaubigungsschreiben an den König nicht die genaue Aufzählung seiner Titel enthielten, fanden keinen Zutritt, bevor der Fehler nicht gutgemacht war.
Seit seiner frühesten Kindheit für die Aufgaben des Königtums erzogen, hatte er im Arbeitsraum seines Vaters während der Abwicklung von Staatsangelegenheiten gespielt, als er kaum stehen konnte. Mit 6 Jahren war er mit dem Heer im Felde gewesen, mit 10 saß er am Ratstisch und gab seine Meinung kund, und er war noch nicht 20, als er selbst und alleine Gesandte empfing. Er besaß eine oberflächliche Kenntnis von 10 Sprachen, war von einer vielleicht nicht tief gehenden Wissbegierde und hatte eine Vorliebe für angewandte Philosophie; stets hatte er einen Band Grotius bei sich. Nicht einmal Richelieu oder der unter seinen Zeitgenossen so sehr gepriesener Maximilian von Bayern kamen Gustav Adolf als dem in der Verwaltung eines Staates erfolgreichsten Herrscher Europas gleich. Während seiner 19-jährigen Regierungstätigkeit – er wurde mit 17 Jahren König - hatte er die Finanzangelegenheiten Schwedens in Ordnung gebracht, Wohlfahrtseinrichtungen, Spitäler sowie das Post- und Erziehungswesen ausgestaltet und ein sorgsam ausgearbeitetes, erfolgreiches Militärpflichtsystem geschaffen. Er nam ferner die Beseitigung der aus der Untätigkeit des ehrgeizigen Adels erwachsenen Schwierigkeiten dadurch in Angriff, dass er mit dem „Riddarhus“ eine Adelskammer schuf, die der Krone und der Regierung Schwedens gegenüber verantwortlich war. Er war absolut kein demokratischer König; seine politische Theorie war aristokratisch, aber unter seiner Führung des Adels erfreuten sich anderthalb Millionen Menschen in Schweden und Finnland der reibungslosesten Regierung in Europa. Überdies hat er den Handel gefördert und die Nutzung der Naturschätze des Landes, insbesondere des Reichtums der Mineralien, zur Entfaltung gebracht. Schweden besaß die Rohmaterialien zur Herstellung seiner Kriegsausrüstung und bediente sich ihrer auch. Seit Gustav Adolfs Regierungsantritt war fast kein ganzes Jahr Friede gewesen. Unter solchen Umständen ist es kaum verwunderlich, dass die schwedischen Stände im Jahr 1629 einhellig die Mittel für den Krieg in Deutschland bewilligt hatten.
Gustav Adolf widmete sich dem Krieg mit den gleichen begeisterten und abenteuerlustigen Verständnis, das er auch für die Angelegenheiten des Friedens an den Tag gelegt hatte. Er bewunderte den Prinzen Moritz von Oranien und hatte dessen Taktik weiterentwickelt, um aus seinen Truppen das Äußerste an Beweglichkeit und Tüchtigkeit herauszuholen. Er ließ holländische Berufsoffiziere kommen, um seine Truppen im Gebrauch der Artillerie und im Belagerungskrieg auszubilden.
Wie alle großen Führer glaubte Gustav Adolf sowohl an sich selbst, wie auch an seine Sache. Er war der Überzeugung, dass Gott mit ihm sei. Obwohl er lutherisch erzogen war, hatte seine Duldung der Calvinisten unter seinen Untertanen und Verbündeten des öfteren Zweifel aufkommen lassen. Er war aber trotzdem von der Richtigkeit seines eigenen großzügigen Protestantismus überzeugt und konnte nur schwer einsehen, wie jemand mit Gewalt überredet werden könnte, seinen Glauben zu wechseln. Er war gewillt, den Besiegten jeglichen Glaubens zu erlauben, wie in ihren Irrtümern zu verharren.
Sein bester Freund war sein grauhaariger Kanzler Axel Oxenstierna, von dem allein er Rat und Tadel annahm. Er war der Sachkundige, der die hochfliegenden Ideen seines Herren in Tatsachen übertrug. Er verfügte über dieselbe gewaltige Tatkraft, Schnelligkeit im Urteil und geistiger Geschmeidigkeit, über ein gleich gutes Gedächtnis und über eine ebensolche Organisationsgabe. Beide Männer erfreuten sich derselben robusten Gesundheit.
Niemals zuvor hatte Deutschland ein Heer gesehen wie das, mit dem Gustav Adolf landete. Vor der pommerschen Küste ankerten 28 Kriegsschiffe und ebenso viele Transportschiffe mit 16 Schwadronen Reiterei und 22 Kompanien Infanterie samt einem starken Artilleriedetachement, insgesamt 18000 Mann. Es war für Schweden ein kleines Heer, der König warb aber bereits Rekruten in Deutschland. Im Gegensatz zu den angeworbenen buntsprachigen Söldnerhaufen, wussten die Schweden wofür sie Kämpfen sollten. Von den großen muskulösen Männern Südschwedens, bis zu den gedrungenen, dunkelfarbigen Lappländern und den schlanken farblosen Finnen, waren sie alle gleichermaßen Untertanen und Mitkämpfer des Königs. Er war ihr Herrscher, ihr Feldherr und fast ihr Gott.
Gustav Adolf hatte vor seiner Abreise aus Schweden eine Bekanntmachung in fünf Sprachen an die Bevölkerung seines Landes und die Herrscher Europas veröffentlicht, in der er die Unterstützung der protestantischen Sache durch die Schweden rechtfertigte. Er erklärte unter anderem, dass er vergeblich versucht habe, sich mit Kaiser Ferdinand friedlich auseinander zusetzen und da auch die deutschen Kurfürsten ihre eigene Kirche nicht verteidigen wollten, habe er für die Unterdrückten zu den Waffen gegriffen.