Montag, 20. März 2017

Die Einfürst-Kapelle (von C. A.)

Schleusingen
Auf dem Einfürst bei Schleusingen, zwischen Hinternah und Ratscher stand einst die stattliche Kirche zu „Unserer lieben Frauen“. Sie rief mit ihrer Glocke die Dörfer in der Runde zur Morgenarbeit, zur Abendruhe und zur Sonntagsfeier. Sie war zu hören in Hinternah im Nordosten, Ratscher und Geisenhöhn in Süden und Rappeldorf im Südwesten, je nach Wetterlage auch in St.- Kilian und natürlich in Schleusingen.
Die Kirche oben am Kreuzweg war keine gewöhnliche Kapelle, sondern nach der Überlieferung ein stattlicher Bau mit einem Wirtschaftsgebäude. Im Garten soll von einem Bruder der Johanniter auch Bienenzucht betrieben worden sein. Die Bienen lieferte neben Honig auch das Material für die Wachskerzen, ohne die kein Gottesdienst stattfinden konnte.
Wunder und Zeichen sollen dort oben am Einfürst geschehen sein. In den umliegenden Dörfern wurden Geschichten von wundersamen Heilungen verbreitet, die sich bei Wallfahrten zur Einfürstkapelle ereigneten. Und so kamen (natürlich) Geld und sonstige Gaben zusammen, die der Bruder der Johanniter da oben vereinnahmte. Der Ruhm der Kirche soll bis nach Böhmen gedrungen sein, denn auch von dort trafen 1506 erste Wallfahrer ein.
Die Einfürstkapelle war dann Eigentum der Kommende der Johanniter in Schleusingen und wurde von einem Bruder der Johanniter betreut. Die Kapelle soll aber älter als die Niederlassung der Johanniter gewesen sein, die erst 1292 vom Grafen Berthold IV. (1284-1340) gestiftet worden war.
Die Johanniter hatten außerdem Patronatsrechte über die Stadtkirche, und auch die 17 eingepfarrten Dörfer wurden kirchendienstlich von den 5 Priestern der Komturei betreut. Dafür hatten die Gemeinden bestimmte Abgaben, den Kirchenzehnten, an die Niederlassung abzuliefern. In Nachweisungen im Staatsarchiv Meiningen von 1500 bis 1540 sind aber auch Abgaben (Gülten) an die Kirche am Einfürst bei Schleusingen aufgeführt. Für Gethles ist das bezeugt von 1505 bis 1523.
Kloster Veßra
Über den Ursprung und die Gründung der Einfürstkapelle ist nichts bekannt. Vielleicht wurde sie schon sehr früh an der uralten Heerstraße von Erfurt nach Würzburg gebaut, die in unmittelbarer Nähe vorbei führte und wo die Reisende Gott danken konnten, dass sie unbeschadet bis hierher gekommen waren. An derselben Straße stand auch oben am Rennsteig eine Kapelle mit unbestimmten Alter. Diese wurde 1218 von Graf Poppo VII. (1190- 1242) dem Kloster Veßra übereignet, das sie zu einem 1332 zuerst genannten Nonnenkloster erweiterte und das dann zu den „Frauen auf dem Walde“ genannt wurde. Eine weitere Kapelle am genannten Urweg war die „Ehrenberger Kapelle“, die heute noch als Ruine zu sehen ist.
Ebenso wenig verrät ein Chronist, ob die Kapelle am Einfirst im Bauernkrieg (1525) zerstört wurde oder nach Durchführung der Reformation in der Grafschaft Henneberg durch Johann Forster 1543 aufgegeben worden ist und schließlich zerfiel.
Die Glocke der Kapelle kam jedenfalls 1546 nach Schleusingen. Das große Holzkreuz mit der Christusfigur, sowie die gleichfalls aus Holz geschnitzten Figuren des Johannes und der Maria im Altarraum der Kirche in Hinternah, sollen ebenfalls aus der ehemaligen Einfürstkapelle stammen.
Von den Grundmauern der Einfürstkapelle findet man heute kaum noch Überreste. In der Nähe des heutigen Schwimmbades von Schleusingen hat man Reste von einem gemauerten Ziehbrunnen gefunden, der evt. zur Einfirstkapelle gehört haben könnte. Wahrscheinlich ist er aber eher der Wüstung Braunstedt zu zuordnen.
Inzwischen sind Jahrhunderte vergangen. Bauern führen seitdem den Pflug über den Acker, auf dem einst die Einfürstkapelle stand und die nicht vergessen werden sollte.

Quelle: Henneberger Heimatblätter 1928

P.S. Administrator: Kirchen außerhalb geschlossener Ortschaften sollen auf die Vereinnahmung heidnischer Kultplätze während der Christianisierung hinweisen, so wie es Papst Gregor I. im 7. Jhd. gefordert hatte. Für weitere Forschungen am Berg empfehle ich die Flurstücke "Maiburg" und die Schanzen am "Hügel".

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