Erzbischof Leoplold |
In einem langen Treck in die neue Heimat erreichten einige Tausend von ihnen am 17. August auch Franken und Südthüringen und damit die Grafschaft Henneberg, die damals zu Sachsen gehörte. Der Landesherr, Friedrich August, Kurfürst zu Sachsen – bekannter als August II. oder der Starke - auch König in Polen, war, obwohl wegen der polnischen Krone selbst katholisch geworden, doch nicht abgeneigt eine Anzahl der Emigranten aufzunehmen. Das ließ er in einem Schreiben vom 26. April 1732 (Stadtarchiv Schleusingen) dem Oberaufseher und den Räten zu Schleusingen mitteilen. Es dauerte aber noch bis zum August, eh sich diese näher mit der Sache befassen mussten.
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Auf dieses Schreiben hin wurden am 4. August der Rat, die Gemeinde-Vormünder und die Viertelsmeister der Vorstadt schriftlich auf das Rathaus bestellt. Sie sollten in den Häusern nachfragen und feststellen, wie viele Menschen und Tiere die Hausbesitzer freiwillig aufzunehmen bereit wären. An die Obermeister der Bäcker und Fleischer erging eine Verfügung, damit genügend Brot und Fleisch vorhanden sei. Es wurden Vorkehrungen getroffen, um den Vorspann sicher zu stellen. Unterzeichnet ist dieses Schreiben vom Stadtrichter Georg Friedrich Weber. (Der Stadtrichter stand zu dieser Zeit noch über dem Bürgermeister.)
Schleusingen |
So wurde für den Empfang und den Weitermarsch der Emigranten alle Vorkehrungen getroffen und die nötigen Beschlüsse gefasst. Die Emigranten sollten unter Läuten der Glocken von der Geistlichkeit, von Schulkindern und Mitglieder des Rates empfangen werden. Schon ein Tag zuvor war der Amts-Advokat Christoph Martin Schneider nach Hildburghausen abgeordnet worden, um Verbindung zu den Emigranten aufzunehmen und nähere Informationen einzuholen. Am nächsten Tag berichtete er, dass die Emigranten abends gegen 6 Uhr in Schleusingen eintreffen würden.
Sie bringen 61 eigene Pferde mit, welche in Schleusingen untergebracht und versorgt werden müssten. Der Treck bestehe aus 800 bis 900 Personen incl. deren Kindern. Der Zug ginge am nächsten Tag nach Ilmenau weiter.
Am 5. August 1732 abends 6 Uhr trafen die evangelischen Glaubensgenossen in Schleusingen ein. Sie wurden am unteren Stadttor, vom Weißen Berg kommend, durch 12 Rats-Personen und Gemeindevormündern empfangen. Unter ihnen der Stadt-Syndikus Klett und der Bürgermeister Wilhelm.
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„Abends 6 Uhr sind die Salzburg-Emigranten von Hildburghausen, nachdem sie unterhalb des Weißen Berges, als biß dahin das Ministerium, Schul, und Deputation des Rates entgegen gegangen, von Herrn Superintendenten Dr. Meißen mit einer Bewillkommungs-Rede angenommen worden, unter Läuten aller Glocken und geistlichen Gesängen in ordentlicher Prozeßion allhier eingezogen und in die Kirche geführet worden. Ob man nun wohl nach geendigtem Gottesdienst und Rede des Kirchenrates von der Kanzel Selbige ordentlich und offeriertermaßen einlogieren wollen, so hat doch dieses darum nicht geschehen mögen, weil Jedes dieselben gern aufnehmen wollen, mithin zugefahren, und was er gekonnt mit sich nach Hause geführet, also daß der wenigste Theil der Bürgerschaft, besonders in der Vorstadt, ob sich wohl jeder dazu anschickt, desgleichen erhalten können.“ Mit anderen Worten und ohne die damalige schwülstige Formulierung: Die Aufnahmebereitschaft der Schleusinger war größer, als überhaupt Emigranten angekommen waren.
Bereits am folgenden Tag, dem 6. August 1732, mittags gegen 11 Uhr, erfolgte der Weitermarsch der Emigranten nach Ilmenau. Nach einer von Archidiakonus Streitlein gehaltenen Morgenpredigt geleitete man sie mit denselben Zeremonien wie tags vorher bis an den Rindermannshof, wo Superintendent Dr. Meiß eine Abschiedsrede hielt und ihnen den Segen erteilte. Amts-Advokat Schneider begleitete den Zug bis Ilmenau, nicht nur wegen der Vorspanntiere, sondern weil die Königliche Oberaufsicht Wege - und Zehrgeld (Viatikum) für die Emigranten genehmigt und bereitgestellt hatte und das Schneider aus unbekannten Gründen abends erst in Ilmenau auszahlte.
In ganz ähnlicher Weise vollzog sich nur wenige Wochen später ein zweiter Durchmarsch von Salzburger Emigranten durch Schleusingen. So trafen, wieder von Coburg vorher angemeldet, am 21. August abends in Schleusingen ein . Auch diesmal erklärten sich die Bürger freiwillig zur Aufnahme der 894 Emigranten bereit. Auch für den zweiten Schub wurde Vorspann für 26 Wagen angefordert. Der Zug hatte insgesamt 55 Wagen, die mit 88 eigenen Pferden bespannt waren. Davon wurden untergebracht: 63 Pferde in Stallungen, die von Einwohnern freiwillig zur Verfügung gestellt wurden. Von den 63 Pferden kamen auch in den Gasthäusern Hirsch 6 , Schwarze Henne 2 und im Stern 4 Gäule unter. Vom den restlichen 25 Pferden wurden 10 Pferde dem Postmeister Clauer, 10 Pferde dem Nikolaus Hirn und 5 Pferde dem H. Schmidt zugewiesen ohne dass Heu oder Stallgeld dafür bezahlt worden wären. Sie bekamen jedoch je Achtel Hafer Futtergeld in Höhe von 3 Batzen. Als Vorspann für die 26 Wagen stellten die Bürger der Stadt 9 und das Amt aus den Dörfern 17 Pferde zur Verfügung. Der Weitermarsch sollte diesmal von Schleusingen nach Suhl gehen, was dem dortigen Stadtrat und Bürgermeister durch ein Schreiben vom 21. August mitgeteilt worden war.
Da keine Anweisung der Regierung zur Zahlung von Wege- und Zehrgeld für diesen Zug vorlagen, gab es von Seiten der Amtes Schleusingen Bedenken ohne Befehl weitere Beträge auszuzahlen. Der Amtmann ließ deshalb noch spät abends beim Bürgermeister und Stadtrat nachfragen, „ob sie eine solche Beysteuer aus dem Rats-Kasten verschreiben wolle.“ Die Antwort lautete dahin gehend, dass die Stadt-Kasse gänzlich erschöpft sei, dass sogar beim vorigen Durchzug der Emigranten zur Bezahlung der Vorspanne man habe die Kosten stunden lassen müssen. Das Wege-und Zehrgeld fiel also diesmal aus. Einholung und Empfang der Glaubensgenossen geschah genau wie das erste mal, nur wurden sie diesmal nicht in die Kirche geführt, weil es schon so spät war. Der Weitermarsch nach Suhl erfolgte am 22. August mittags, nachdem am Vormittag Kirchen-Rat Dr. Meiß eine erbauliche Predigt gehalten hatte.
Und noch einmal hatte die Stadt einen solchen Durchzug von Emigranten zu bewältigen. Es waren erneut 804 Menschen, die wegen ihrem Glauben die Heimat verlassen mussten und die in gleicher Weise wie die ersten beiden Züge von Coburg angekündigt worden waren. Sie kamen am 30. August mittags in Schleusingen an und sollten alsbald ihren Weg nach Suhl fortsetzen. Der Magistrat wurde nur um Hausmannskost und Vorspann für 24 Wagen gebeten. Der Bürgermeister Wilhelm war den Emigranten nach Eisfeld entgegen geschickt worden, um den Aufbruch von Schleusingen nach Suhl schon am Mittag des 30. August zu organisieren und möglichst zu beschleunigen, damit die Vorspanntiere nicht all zulange den Bürgern bei der Ernteeinbringung entzogen würden. Wegen der Kürze des vorgesehenen Aufenthaltes scheint eine feierliche Einholung, wie am 5. und 21. August nicht durchgeführt worden zu sein. Wahrscheinlich war es auch den Schleusingern langsam zu viel des Guten. Immerhin hatten sie innerhalb 4 Wochen fast 2.000 Menschen und eine große Anzahl Pferde Obdach und Verköstigung gewährt, hatten Vorspann gestellt, waren sie doch um diese Zeit unermüdlich mit der Einbringung der Ernte beschäftigt.
Ein Schreiben des Eisfelder Magistrats mit der Ankündigung, dass die Emigranten am 30. August 1732 nicht vor 10 Uhr vormittags in der Stadt eintreffen, wird das Aktenbündel über den Durchzug der Salzburger Emigranten in Schleusingen geschlossen.
Quelle Stadtarchiv Schleusingen Anr. 1732/1012