Ausrichtung der Hohen Straße zwischen Speyer und Rothenburg o.d.T. |
Die alte Heer- und Handelsstraße wird heute ganz in ihrer Tradition als Jakobusweg ausgewiesen, der die Pilger aus Osteuropa über Nürnberg, Rothenburg ob der Tauber und Speyer, weiter nach Straßburg, Vezelay oder Le Puy nach Santiago de Compostela geleiten soll. Zwischen Jagst und Kocher findet sich sogar ein Artikel bei Wikipedia, wo auf eine Hohe Straße auf dem heute siedlungsfernen Höhenrücken hingewiesen, aber Einbindung und Streckenweiterführung unterlassen wird. Jede Streckenangabe führt die Sinnsuchenden ganz religiös- und geschäftstüchtig durch die Täler mit ihren mittelalterlichen Ortschaften und Kirchen.
Dabei zeigen archäologische Funde und Siedlungsverdachtsplätze den ausschließlichen Verlauf dieses frühen Weges über die wasserscheidenden Bergkämme der Region an, natürlich mit entsprechenden Furten, wenn die logische Orientierung durch Flüsse unterbrochen wird: Fürth, Rothenburg, Heimhausen, Bad Wimpfen.
Hohe Straße zwischen Kocher und Jagst |
Ich habe ihren Verlauf in die interaktive Karte bei den Rennwegen eingetragen, weil eine diesbezügliche Flurbezeichnung bei Nürnberg auftaucht. Das war ein technischer Fehler. Es fanden sich nämlich so viele Artefakte an dieser Strecke, dass die Gesamtkarte bei Google-Maps an die Grenze ihrer Aufnahmefähigkeit stieß. Vielleicht mache ich später mal eine eigene Karte daraus und ergänze. Denn die Trasse hat es in sich!
Interaktive Karte um Speyer... |
Bei oberflächlicher Betrachtung zeigt sich nur der Standartverlauf einer bronzezeitlichen Urstraße, wie es Hunderte in Europa gibt: Wasserscheiden mit Hügelgräbern. Siedlungsschwankungen verweisen darauf, dass Natur- und Klimaunbilden die Menschen wiederholt auf die Höhen getrieben haben müssen. Mehrere lokale Autoren berichten sogar von Funden aus der Jungsteinzeit. Niederhall, die Höhe Hall über Dörrenzimmern oder Weißbach am Hallberg müssen außerdem als Zeugen des keltischen Salzhandels herhalten. Die Römer findet man dann in ihren Kastellen Wimpfen und Jagsthausen. Aber auch im Harthäuser Wald werden ihnen Relikte zugeschrieben. Via Regia) oder Kaiserstraße bezeichnet. Kaiser Friedrich II. soll noch 1235 diesen Weg von Nürnberg nach Wimpfen genommen haben. Selbst bis in das 18. Jahrhundert hinein nennen Schriftquellen noch Geleit- und Zollrechte auf ihr. Das alles gibt es jedoch auch anderswo!
… und um Nürnberg |
Bei genauerer Betrachtung aber präsentiert die Hohe Straße einmaliges: Da ist zunächst die extreme Dichte prähistorischen Siedlungsverdachtsplätze zwischen Rotzberg und Bad Wipfen. Deren Flurbezeichnungen existieren meist mehrfach in Deutschland und verweisen in jedem Fall auf alte Niederlassungen (Siehe Post:
Hohlwegebündel am Wsserscheidenkamm zwischen Kocher und Jagst |
Dabei taucht bei solchen mutmaßlichen Befestigungen im untersuchten Gebiet ungewöhnlich häufig das Bestimmungswort „Vogel-“ auf, mit -sang, -herd, -busch, -kopf, etc.
Speyer |
Nürnberg |
Und noch ein Indiz weist in diese Zeit: Vielerorts werden in den alten Karten sog. Erdfälle dargestellt. Ich habe mir diese Löcher besonders zwischen Mittelbach und Simprechtshausen angeschaut. Das können keine geologischen Absenkungen sein! Sie sehen aus wie verfallene künstliche Altsteinbrüche, die die mutmaßlichen Befestigungen gegen den übrigen Höhenrücken absichern sollten. In ihrer Unvollständigkeit sind sie aber typisch für Hunderte solcher dann Anlagen gerade in Süddeutschland, gesammelt bei der Cairn-Forschungsgesellschaft. Auch wenn die dort anders bewertet werden, die extremen Steinbewegungen sind ja nicht weg zu diskutieren. Ich interpretiere diese Anlagen als Grubenwerke aus endneolithischer, wahrscheinlich megalithischer Zeit, um die die Archäologen bisher leider einen Bogen gemacht haben (Siehe Post zur prähistorischen Architektur).
Rothenburg ob der Tauber |
Die Altstraßen in den Tälern jedenfalls, können erst nach der Völkerwanderung bzw. der fränkischen Kolonisation entstanden sein. Klimatische Austrocknung und Melioration begünstigten diese Entwicklung. Sie mussten sicher dann auch die Masse der Pilgerströme des Mittelalters aufnehmen. Deshalb liegt die Ausschilderung als Jakobusweg ja doch nicht ganz falsch. Die reisegewohnten Kutscher der Handelskarawanen aber scheinen noch bis zu den Kunststraßen im 19. Jahrhundert die Höhen als Fernwege genutzt zu haben.